You are currently viewing Wieviel Arbeit steckt im Light Painting?

Wieviel Arbeit steckt im Light Painting?

 

Light Painting bedeutet Arbeit, Geduld und Kosten

Wenn man sich die Bilder der alten Hasen im Light Painting ansieht findet man meist nur „perfekte“ Bilder. Der Einsteiger ist dann oft nach den ersten Versuchen frustriert weil das eigene Light Painting nicht annähernd so gut aussieht wie die Bilder von Denis Smith, Tim Gamble oder Pala Teth. Bei manchen Zeitgenossen keimt der Verdacht, dass es sich bei den Meisterwerken der „Großen“ nicht um echte Fotografien handelt und die Jungs die Bilder am Computer manipulieren. Tim Gamble wurde wegen dieses Verdachts vor einiger Zeit der Account bei 500px gesperrt. 
Die meisten Light Painter verzichten auf die Ebenenarbeit am Computer, sie belassen es meist beim Entrauschen, Schärfen und Änderung des Schnitts. In seltenen Fällen verändern sie den Weißabgleich oder hellen das Bild etwas auf. Auf keinen Fall wird etwas retuschiert oder ein Bild aus mehreren Ebenen zusammen gebastelt.

Und genau aus diesem Grund ist der Aufwand für viele Light Paintings enorm. Das Bild oben ist der 23. Versuch. Ich habe mich nicht vertippt, ich habe dieses Bild dreiundzwanzig Mal wiederholt. Ich habe insgesamt mehrere Wochen an diesem Bild gearbeitet. Die 22 Fehlversuche bekommt gewöhnlicherweise niemand zu sehen. Einen Artikel über genau dieses Bild findest Du hier. Ohne jahrelange Erfahrung und viel Übung hätte ich solch ein Bild vermutlich überhaupt nicht auf den Sensor bekommen. Aber all das sieht man eben nicht im finalen Light Painting. Man sieht nicht, dass ich, seit dem ich vor 8 Jahren mit dem Light Painting angefangen habe, mindestens 500 Orbs gedreht habe. Und selbst nach so viel Übung ist das Ding nicht wirklich sauber gedreht, das geht besser. Was denkst Du wie mein erster Orb aussah? Sicher viel schlimmer als Dein erster Orb.


Light Painting Ausrüstung

Mittlerweile hat sich in unserem Lager eine große Menge verschiedenster Light Painting Werkzeuge angesammelt. Einiges habe ich nur für ein einziges Bild verwendet. Manches ist nach einigen Abenteuern kaputt gegangen, Einiges liegt jetzt irgendwo im Wald oder Lost Place weil der schusselige Light Painter das verloren oder vergessen hat. Einige Lampen habe ich aussortiert weil es mittlerweile bessere gibt. Viele selbst entwickelte und gebaute Tools werden permanet optimiert, manches habe ich als Rückfallebene doppelt gebaut.

Wieviel Geld mittlerweile in unsere Ausrüstung geflossen ist vermag ich nicht zu sagen, im fünftstelligen Eurobereich bewegt sich das auf jeden Fall. Hätte ich vorher geahnt was man so alles „braucht“ und was das alles kostet wäre ich vermutlich nie auf die Idee gekommen Light Painter zu werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es nicht besonders einfach ist Geld mit dem Light Painting zu verdienen. Dafür ist die Popularität einfach noch viel zu klein. Light Painting ist im Moment immer noch eine kleine Nische, auch wenn die Popularität dieser besonderen Kunstform in den letzten Jahren stark gestiegen ist und es immer mehr großartige Light Painting Künstler gibt.  

Licht

Es gibt ja einige legendäre Light Painting Tools, die fast jeder alte Hase besitzt und zuweilen immer noch benutzt, wie beispielsweise die Led Lenser X21R.2, Led Lenser V24 oder den Universal Connector. Leider hat die Firma Led Lenser nach dem Verkauf keinerlei Interesse mehr am Thema Light Painting.

Die X21R.2 kann man zwar immer noch gut im Light Painting benutzen, aber neuere Modelle wie die MT18 sind kaum noch zu gebrauchen. Die MT18 regelt innerhalb einer Minute von den beworbenen 3000 Lumen auf magere 1200 Lumen herunter. Diese Lichtleistung bietet heutzutage jede billige Chinalampe. 

Die V24, eigentlich als Gartenlampe konzipiert, war eines der wichtigsten Werkzeuge der Light Painter. Der Farbwechsel war zu dieser Zeit einmalig. Mit dem Acralglasstab hatte der Light Painter ein gutes Werkzeug um saubere Lichtspuren ins Bild zu malen. Diese Lampe wird seit vielen Jahren nicht mehr hergestellt. Vereinzelt tauchen Exemplare der V24 bei ebay auf, meist zu unverschämten Preisen. 

Meine ersten Taschenlampen, die ich im Light Painting benutzt habe, waren zwei Fenix LD10, eine Nitcore P12, mehrere Led Lenser V24 und eine Led Lenser X21. Später kamen dann recht schnell viele weitere Taschenlampen dazu. Von den V24 verwende ich seit vielen Jahren nur noch die Acrylstäbe, die eigentlichen Lampen, vor allem der Schalter, sind absoluter Müll. 

Aktuell verwende ich hauptsächlich eine Fenix FD65 zur Ausleuchtung der Umgebung, eine Fenix PD36R an Tools und zur Beleuchtung kleinere Bereiche, die fokussierbare Fenix FD30 an längeren Tools wie Tubes oder Acrylstäben. Darüber hinaus benutze ich selbstgebaute Lampen mit farbigen, UV und IR Led’s. Eine der besten Light Painting Lampen hat Dennis Berka für mich gebaut, demnächst ist diese Lampe im Shop von Light Painting Paradise erhältlich. Danke Dennis, Danke Ivan, dass ihr diese Lampe allen Light Paintern zugänglich macht. Last but not least kommt meist noch der Scanner mit ins Gepäck. 

Pinsel

Die meisten Tools hat der Light Painter selbst gebaut. Zum Einen weil die Exklusivität der eigenen Tools wichtig für den Light Painter ist und weil der Bau eigener Werkzeuge irgendwie zum Light Painting dazugehört. Außerdem gab es keine Tools, die explizit für die Lichtmalerei hergestellt wurden. Da wurden dann meist Sachen zweckentfremdet. Fahrradlampen, leuchtende Spielzeuge, Wunderkerzen, Knicklichter und viele andere Sachen, die leuchten, hat der Light Painter durchs Bild geschwungen.

Seit einigen Jahren sind die verschiedensten Light Painting Tools gebrauchsfertig in den Light Painting Shops erhältlich. Man kann fast alle Pinsel fertig kaufen. Für viele alte Hasen ist das nicht besonders interessant weil sie schon fast alle Pinsel haben. 

Für den Einsteiger bietet das allerdings eine gute Möglichkeit zum Einstieg in das Thema Light Painting auch wenn man selbst nicht besonders handwerklich begabt ist. Gute Tools findest Du im Shop von Light Painting Paradise.

Im „Tools“ Koffer befinden sich aktuell ca. 60 verschiedene Lichtformer aus Acrylglas, Glasfasern und anderen Materialien. In einer großen Kiste sind unzählige weitere Pinsel wie Seifenblasenschwerter und andere zweckentfremdete Sachen. 

no images were found

Kameras und Objektive

Seit 30 Jahren arbeite ich mit Nikon Kameras. Aktuell verwende ich eine D750, eine D300s und eine auf das volle Lichtspektrum umgebaute D300. Die nächste Kamera wird höchstwahrscheinlich die neue D780 werden, wenn dann der Preis etwas gesunken ist.

Alle oben genannten Kameras sind wirklich gut für lange Belichtungszeiten geeignet. Das Bildrauschen ist gering, der Dynamikumfang ist groß und die Akkulaufzeit ist gut. Für den Nikon F Anschluss, dieser wurde seit 1969 nicht verändert, gibt es hunderte verschiedene Objektive.

Im Light Painting sind kurze Brennweiten besser geeignet, weil der Abstand zwischen Licht und Kamera kurz bleibt. Und so nebenbei muss man nicht soviel laufen. An der D750 stecken meist das Nikkor 17-35/2,8Laowa 12/2,8 oder Meyer Optik Görlitz 35/2. Alle drei Objektive haben einen Blendenring, somit kann ich während der Beilichtung die Blende verstellen. 

Stativ, Kopf, Rotation Tool

Mein „Hauptstativ“ ist ein Benro TMA48CXL. Darüber hinaus benutze ich Manfrotto 055 und einige andere kleinere Stative. Auf diesen befestige ich allerdings nicht die Kamera sondern Lampen oder Drehhilfen.

Auf das Benro Stativ kommt meist der im Bild zu sehende Benro Getriebeneiger, einer der sehr wenigen Getriebeneiger mit Arca Swiss Aufnahme. Die Getriebeneiger von Manfrotto sind auch nicht schlecht, allerdings muss man diese dann auf Arca Swiss umbauen weil Manfrotto nur ihr eigenes Schnellwechselsystem verbaut. Mit diesem ist es allerdings nicht möglich einen L-Winkel oder längere Schienen zu verwenden. Alternativ könnte man einen 3-Wege-Neiger verwenden. Mit Kugelköpfen wird das präzise Ausrichten der Kamera schnell zum Geduldsspiel weil man alle Richtungen gleichzeitig einstellen muss.

Um während der Belichtung die Kamera um die optische Achse drehen zu können verwende ich ein selbstgebautes Rotation Tool. Einen eigenen Artikel findest Du hier: Camera Rotation Light Painting

Werkzeug, Befestigungsmaterial, Hilfsmittel, Koffer, Taschen …

Wenn ich das benötigte Material für den nächsten Light Painting Ausflug einpacke landet immer als erstes eine Rolle mattschwarzes Gaffatape im Rucksack. Weil wir gerade dabei sind, ich benutze für die meisten Ausflüge einen oder zwei dieser Rucksäcke. Das große Besteck verstaue ich in fünf dieser Koffer. Lange Tools packe ich in ein Rutenfutteral aus dem Angelladen. Kostüme, Masken und Ähnliches transportiere ich meist in einem Reisekoffer mit Rollen. 

Am Gürtel trage ich immer einen Leatherman mit dem passenden Bit Set. Mehr Werkzeug nehme ich zum kurzen Ausflug meist nicht mit. Zu unseren Workshops oder mehrtägigen Touren nehme ich einen Werkzeugkoffer mit Gaslötkolben, digitalem Multimeter, Seitenschneider und anderem Werkzeug mit. Außerdem sind im Koffer immer verschiedene Kabelbinder um Tools an den Drehilfen zu befestigen oder andere Sachen schnell irgendwo befestigen zu können. 

What’s in your bag?

(Fast) immer dabei:

– Nikon D750 + 1 Ersatzakku

– Nikkor 17-35/2,8

– Laowa 12/2,8

– Benro TMA48CXL inkl. Benro GD3WH

– Camera Rotation Tool

– Fenix HM65R

– Fenix FD65 + passende Farbfilter

– Fenix PD36R (immer am Gürtel) 

– Fenix FD30

– Ruys Edition Flashlight V1 und V2 

– Adapter und Farbfilter von Light Painting Paradise

– Plexy Shapes, Rods und Tubes von Light Painting Paradise

– Akkus, Gaffa Tape, Leathterman

Häufig in der Tasche:

– Nikon D300 full spectrum + Ersatzakku + Fernauslöser

– Meyer Optik Görlitz 35/2

– Helios 44/2

– Makroringe

– Prismen

– Glasfasern

– UV Taschenlampe

– IR Taschenlampe

– Tool zum Drehen von Orbs

– Kostüme, Masken

– Laser und Rauchpatronen

– Feuerwerk

– Molton


Kleines Zwischenfazit

Es hat einige Jahre gedauert bis die Ausrüstung so ist, wie jetzt. Komplett ist sie sicher nie, fortlaufend kommen neue Tools und Lampen hinzu. Da ich keine Gelddruckmaschine im Keller habe konnte ich nicht alles oben Genannte auf einmal anschaffen. Viele Light Painting Bilder könnte man auch mit kleinerer Ausrüstung umsetzen. Da ich permanent neue, verschiedene Ideen umsetzen will sind auch permanent neue Werkzeuge nötig. Viele Dinge sind keine „Standardwerkzeuge“. Mit einigen meiner Tools könnte kaum ein zweiter Light Painter etwas anfangen. Jeder Light Painting Künstler muss sich seinen eigenen, individuellen Werkzeugkasten zusammenstellen, und das kostet Zeit und Geld. Der Einsteiger hat es allerdings heute einfacher als die alten Hasen vor 8, 10 oder 12 Jahren. Taschenlampen werden immer leistungsfähiger. Gute Tools kann man fertig kaufen. Man kann also sofort loslegen, ohne viel Bastelarbeit. 


Theorie – Wie funktioniert Licht?

Viele Einsteiger legen einfach ambitioniert los und fuchteln mit den Lampen vor der Kamera herum, so wie ich damals auch. Nach einiger Zeit störte mich die hohe Zahl an Fehlversuchen. Ich begann mich mit Licht zu beschäftigen, Wellenlängen, Farben, Reflektion, Transmission, Brechung usw.. Ich wollte verstehen wie Licht funktioniert. Ich wollte das Licht beherschen. Ich wollte, dass das Licht genau das macht was ich will. Ich wollte keine Überraschungen mehr. Mein Plan, den ich im Kopf hatte, sollte funktionieren, ohne unendliche Fehlversuche. Ich wollte jeden Fehlversuch sofort analysieren um die Fehler beim nächsten Mal zu vermeiden. Eine wichtige Vorraussetzung dafür ist, immer nur einen Parameter zu verändern. Wenn eine Lichtspur zu dunkel dargestellt wird nehme ich entweder eine hellere Lampe, verringere die Bewegungsgeschwindigkeit des Tools oder ich verstelle die Blende oder den ISO an der Kamera. Wenn ich mehrere Parameter gleichzeitig verändern würde wird es ungleich schwerer den Effekt richtig einzuordnen. Was hatte jetzt die größere Auswirkung? Die hellere Lampe oder die kleinere Blende? Nur so gelingt es saubere Erfahrungen zu sammeln. Nur so gelingt es nicht immer wieder die gleichen Fehler zu machen und bei jedem neuen Light Painting wieder von vorne anfangen zu müssen. Orb mit Fenix FD30 in der hellsten Stufe – Entfernung zur Kamera 5 Meter – Farbfilter gelb mit einer Transmission von 85% – gleiche Bewegungsgeschwindigkeit wie beim letzten Orb – 12mm Brennweite – Blende 11 – ISO 50.  Wenn jetzt die Lichtspuren des Orbs zu dunkel dargestellt werden ändere ich entweder die Blende auf 8 oder den ISO auf 100. Das ist ungleich einfacher als am Tool, dem Bildaufbau oder der Performance etwas zu ändern. Wenn der Orb jetzt blau sein soll werde ich noch weiter aufblenden oder den ISO noch weiter erhöhen weil das blaue Farbfilter nur eine Transmission von 20 oder 25% hat. Alternativ könnte man das in diesem Fall mit einer Taschenlampe mit vielen Helligkeitsstufen ausgleichen. Mit der neuen Lampe von Light Painting Paradise  funktioniert das gut, jede Stufe entspricht 10% mehr Helligkeit. Mit den meisten konventionellen Taschenlampen ist das leider nicht möglich, meist haben diese nur 2 oder 3 Stufen.

Irgendwann kommt man dann (hoffentlich) an den Punkt, an dem man das Licht lesen kann und in Licht denken kann. Bei den meisten Light Paintings gelingt es mir mittlerweile während der Arbeit in Lichtebenen zu denken. Der Weg dahin war allerdings lang und zuweilen von vielen Rückschlägen geprägt. Nur durch viel Erfahrung und permanente, genaue Fehleranalyse bin ich bis zu diesem Punkt gekommen, und die Reise ist noch lange nicht zu Ende.


Test von neuen Light Painting Tools

In meinen Anfangstagen habe ich jedes neue Tool völlig planlos getestet. Ich wollte einfach nur wissen wie die Lichtspur aussieht. Ich hatte dann hunderte nutzlose Testaufnahmen auf dem Computer. Irgendwann stellte ich mir die Frage wozu das gut sein soll. Mittlerweile mache ich fast gar keine Testshots mehr. Ich plane ein Bild mit dem neuen Tool. Wenn das Tool nicht wie geplant funtkioniert habe ich zwar etwas mehr Zeit verplempert als wenn ich unmotiviert damit vor der Kamera fumgefuchtelt hätte, aber wenn das Tool funktioniert habe ich nicht einen weiteren nutzlosen Testshot auf dem Rechner sondern ein neues Bild. Ob nun das neue Blade aus Acrylglas rund oder eckig ist spielt kaum eine Rolle. Mit der neuen Form gelingt das Bild genauso „einfach“ und „schnell“ wie mit der bewährten Form. Das muss ich also nicht extra testen.

Aber natürlich gibt es auch immer noch Situationen, in denen ich das neue Lichtwerkzeug teste. Wenn ich etwas komplett Neues baue und dieses Tool in einer aufwändigen Performance im zweihundert Kilometer entfernten Lost Place benutzen will mache ich natürlich zuvor einige Testaufnahmen. Es wäre ja mehr als ärgerlich wenn das Tool vor Ort nicht wie erwartet funktionieren würde. Diese Testaufnahmen veröffentliche ich aber gewöhnlich nicht, auch wenn einige der Bilder gut aussehen. 


Von der Idee zum Ergebnis

Inspiration

Für das Beispielbild ist die Inspiration klar und einfach – die Transformation von Maria aus dem Film Metropolis von 1927. Bei den meisten anderen Bildern kann ich die Inspiration nicht so einfach und klar benennen. Das ist meist eine Mischung aus vielen verschiedenen Einflüsse, optisch, akustisch und emotional.

Der Plan

Die Planung für dieses Bild gestaltete sich recht schwierig, sowohl was den Bau des Androiden, als auch das Licht anging. Bis auf den Laser war es nötig neue Tools zu entwickeln und später dann auch zu bauen.

Als Location diente hier ein dunkler Raum, ich musste also zumindest nicht noch nach einer geeigneten Location suchen.

Ebenfalls einfach war hier die Bildidee und der Bildaufbau. Wir haben nur diese eine Variante aufgebaut und umgesetzt. Eine andere Perspektive bzw. ein anderer Bildaufbau wären meiner Meinung nach hier sinnlos. Geplant war ursprünglich nur eine Schwarzweiß Aufname, kurz hatte ich überlegt das Bild konsequent auf analogen Film aufzunehmen. 

lightpainting light art photography

Die Vorbereitung

Zuerst musste ein leidensfähiges Model gefunden werden, welches so halbwegs der Maria aus dem Film ähnelt. Nackt für längere Zeit regungslos in der Kälte liegen; das muss man auch erstmal wollen. Erstaunlicherweise erklärte sich die Dame sofort bereit den Blödsinn mitzumachen. Vielen Dank nochmal dafür.

Dann begann ich mit dem Bau des Elektroiden. Ich suchte im Internet nach geeignetem Material, um Uschi, unserer Schaufensterpuppe, das passende Outfit zu verpassen. Ich bestellte einen goldenen Ganzkörperanszug. Leider war dieser etwas zu groß für die abgemagerte Uschi. Ich hab den Anzug an Uschis Rücken mit Gaffatape etwas enger gemacht. 

Ich bestellte den Helm sowie einen Satz Protektoren. Diese sind eigentlich für den Kradfahrer gedacht. Helm und Protektoren lackierte ich mit goldener Farbe. Und zog auch das dann unserer Uschi an. Zum Glück bleibt Uschi klaglos auch mehrere Tage in diesem Fummel bewegungslos stehen. 

Als nächstes montierte ich 6 blaue EL-Wire an Uschi und der Bank, auf der später das Model liegen sollte, wobei die Befestigung an der Bank sich einfach abnehmen und wieder anbringen lässt.

Auf die Bank legte ich ein großes Polster und darüber schwarzes Molton. Im nächsten Schritt baute ich ein Tool um die Hülle über das Model malen zu können. Dazu benutzte ich einen Draht aus Messing in der entsprechenden Form. An diesem befestigte ich einen Lichtwellenleiter, an beide Enden kam jeweils eine kleine Taschenlampe. 

Bis zu diesem Punkt war die Vorbereitung noch recht einfach. Es ging an den Bau der Vorrichtung zum Drehen der Ringe um den Elektroiden. Ich hätte die Ringe auch mit der Hand malen können, das hätte ich aber auch nach 100 Versuchen niemals mit dieser Genauigkeit geschafft. Zuerst stellte ich ein Stativ hinter Uschi. Dieses überragte Uschis Kopf um ca. 30 cm.. Auf dem Stativ befestigte ich eine Drehvorrichtung, an dieser dann einen Pflanzstab. An diesem befestigte ich einen zweiten Pflanzstab in vertikaler Richtung. Ich konnte also einen langen Stab sauber um den Elektroiden drehen. Nun befestigte ich drei kleine Taschenlampen mit Lichtformern an diesem Stab. Zum Schluß packte ich das Stativ mit Molton ein damit es später im Bild nicht sichtbar ist. Dann habe ich noch den blauen Laser in der passenden Höhe auf einem weiteren Stativ befestigt

Danach habe ich mehrere Testaufnahmen der Szene ohne unser Model gemacht. Das sah soweit gut aus. Wir konnten also loslegen und einen Termin mit dem Model vereinbaren.

Die Umsetzung

Zuerst habe ich das Model mit dem Scanner eingeleuchtet. Im zweiten Schritt haben Marla und Erik die Röhre gemalt. Wir haben damit begonnen weil dort am ehesten etwas schief gehen konnte. Wir hätten dann sofort abbrechen und neu beginnen können. Im nächsten Schritt habe ich die Kreise aus Licht um den Elektroiden gemalt und danach das Stativ aus dem Bild geräumt. Dann habe ich die EL-Wire wieder platziert und eingeschaltet. Gleichzeitig habe ich mit dem Scanner den Elektroiden eingeleuchtet. Nach dem Ausschalten der El-Wire und Aufstellen des Stativs mit dem Laser habe ich die Nebelmaschine angeworfen und Uschi eingenebelt. Als letzten Schritt habe ich den Laser eingeschaltet. Zwischen den einzelnen Schritten haben wir die Kamera mit abgedeckt. 
Die Belichtungszeit betrug 440 Sekunden. Trotz der guten Vorbereitung hat das Bild erst beim dritten Versuch gesessen. Insgesamt haben wir 2 Stunden mit der Umsetzung verbracht.

Insgesamt stecken viele Arbeitsstunden in diesem Bild, ich habe nicht gezählt wie viele Stunden genau. Ohne die Hilfe der anderen Beteiligten, vor allem des Models, hätte ich das Light Painting nie auf den Sensor bekommen. Diese Art Light Painting funktioniert nur in Teamarbeit, auch wenn immer nur einer die Performance leiten sollte. 
Viele der benutzten Tools verwende ich auch in anderen Light Paintings. Einiges, wie die Maske und die Protektoren, habe ich (bisher) nur in diesem einen Light Painting verwendet. Auch die EL-Wire benutze ich zuweilen einzeln, aber bisher nicht wieder alle in einem Bild. Der Preis für die EL-Wire ist allerdings nicht sehr hoch. Die Drehvorrichtung habe ich demontiert, alle Teile benutze ich weiterhin zum Bau neuer Tools, außer dem Befestigungsmaterial (Gaffa, Kabelbinder). 

Am Computer

Die meisten unserer Bilder bearbeiten wir nicht. Manchmal wird der Schnitt geändert, das Bild geschärft und entrauscht. In diesem Fall habe ich das Bild am Computer in schwarzweiß konvertiert sowie das Bild quadratisch geschnitten. Das war’s.


Es geht aber auch einfacher

Für dieses Light Painting haben wir insgesamt nur ca. 30 Minuten gebraucht. Zuerst habe ich zwei schwarze Glasfaserbündel vorbereitet, eines mit blauer Farbe, eines ohne Farbfilter. 
Nachdem Erik auf einem Stuhl Platz genommen hatte habe ich die Kamera aufgestellt und ausgerichtet. Vor der Linse habe ich ein Prisma aus optischem Glas befestigt. Dann habe ich den Live View an der Kamera eingeschaltet und fokussiert sowie Blende und ISO eingestellt. 

Licht aus – Kamera an. Ich begann mit den blauen Glasfasern, schlatete diese dann aus und wechselte zum anderen Glasfaserbündel. Aus kurzen Abstand leuchtete ich zuerst Erik an und setzte dann die Fasern an einigen Stellen für jeweils einige Sekunden auf.  

Die Belichtungszeit war 45 Sekunden. Das ist der erste und einzige Versuch. Ich hätte auch während der Belichtung die Farbe wechseln können, dann hätte ich sogar nur ein Glasfaserbündel gebraucht. Mit den Adaptern von Light Painting Paradise funktioniert das einfach, sogar im Dunkeln. 

Für diese Art Light Painting ist weder jahrelange Erfahrung noch eine große Ausrüstung nötig. Eine Taschenlampe, ein Bündel Glasfasern, einen Adapter um Lampe und Glasfasern zu verbinden, etwas Farbfilterfolie und das war’s eigentlich schon. Das Prisma braucht man nicht unbedingt um eindrucksvolle Light Painting Portraits auf diese Weise aufzunehmen. Man braucht nicht einmal ein Model, das geht auch als Selbstprotrait.


Fazit

Dem geneigten Betrachter gefällt das Glasfaserportrait vielleicht viel besser als das aufwändige Metropolis Bild. Dem Betrachter ist der Aufwand meist völlig Schnuppe. Das Ergebnis ist immer eine Fotografie. Eine Fotografie ist in der Vorstellung der allermeisten Menschen ein Schnappschuss, das Festhalten eines kurzen Augenblicks, ein Zufallsprodukt. Entweder der Schnappschuss ist gut oder eben nicht. Light Painting ist allerdings viel näher an der Malerei, nur dass das Gemälde digital oder auf einem Film dargestellt wird. Das hat für die meisten Menschen allerdings einen viel geringeren Stellenwert als ein Gemälde, welches mit Pinsel und Farbe auf eine Leinwand gemalt wurde. Der handwerkliche Aufwand im Light Painting wird durch die Digitalisierung im Prinzip unsichtbar gemacht. Zusätzlich entsteht oft der Verdacht der digitalen Manipulation des Light Paintings, was einer Abwertung gleichkommt, im Falle der Leinwand ist so etwas eher unwahrscheinlich. 

Man sollte gar nicht erst auf die Idee kommen, dass ein Light Painting mit großem Aufwand per se besser sein muss als ein kurzes, schnelles, einfaches Portrait. Den Aufwand sollte man nur für sich betreiben und nicht für den Betrachter. Es geht um den Spaß, um die besonderen Erlebnisse während der Arbeit, es geht um die Befriedigung, dass der verrückte Plan funktioniert. Selbst wenn das Ergebnis kein Meisterwerk ist kann einem niemand diese besonderen Erlebnisse nehmen.

In diesem Sinne allzeit gutes Licht
Sven

Schreibe einen Kommentar