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Grundlagen der IR und UV Fotografie

Fotografie mit Licht im unsichtbaren Spektrum

In diesem Artikel geht es mal ausnahmsweise nicht (nur) um Light Painting. Ich versuche Dir die grundlegenden Ideen der Fotografie mit Wellen aus dem für das menschliche Auge unsichtbaren Spektrums etwas näher zu bringen. Kompliziert geht auch ohne Light Painting 😉

Die in diesem Beitrag von mir vermittelten Weisheiten sind nicht unbedingt empirisch belegt und beruhen zu einem großen Teil auf meinen Erfahrungen mit der von mir verwendeten Ausrüstung. Dieser Artikel ist alles andere als eine vollständige Anleitung zur Fotografie mit dem vollen Lichtspektrum. Zum Thema Infrarot findet man recht viele Information im Internet, mal fundiert, mal gefühlt. Zum Thema ultraviolette Fotografie findet man eher wenig. Das dürfte vor Allem dem Umstand geschuldet sein, dass reine UV-Fotos meist ziemlich unästhetisch aussehen. Außerdem sind UV-Pass-Filter sehr teuer. Aus diesen Gründen habe ich bisher kein UV-Pass-Filter gekauft und nutze ultraviolettes Licht ausschließlich im Light Painting, meist in Kombination mit anderen Wellenlängen. UV reflektierende Farben lassen sich ohne Modifikation und Filter mit jeder Kamera aufnehmen. Hier genügt es diese Farben mit einer UV-Lampe zum Leuchten anzuregen.


Grundsätzliches

Wir Menschen können Licht im Wellenlängenbereich von 400nm (violett) bis 750nm (rot) ohne Hilfsmittel sehen. “Unten” beginnt der Bereich der ultravioletten und “oben” der infraroten elektro-magnetischen Strahlung. In der Tierwelt sieht das anders aus. Einige Vögel zum Beispiel können im ultravioletten Spektrum sehen.

In der Fotografie wird schon sehr lange infrarotes Licht aus verschiedenen Gründen eingesetzt. 

Infrarotes Licht wird durch Dunst oder Luftverschmutzung weniger gestreut als sichtbares Licht. Es ist also damit möglich Objekte sichtbar zu machen die eigentlich auf Grund der Sichtbeeinträchtigung kaum zu sehen wären. 

Infrarotes Licht hat andere Reflexionseigenschaften als sichtbares Licht. Ein getarnter Panzer im Wald lässt sich mit Infrarot Fotografie einfach aufspüren. Die Firma Kodak entwickelte um 1960 einen Falschfarben-Infrarotfilm namens Aerochrome. Dieser wurde zur Luftaufklärung eingesetzt und stellte Bereiche mit hoher IR-Strahlung, also vor Allem Bäume, in sattem Rot bis Magenta dar. Die im Wald getarnten feindlichen Stellungen waren auf diesen Bilder einfach und deutlich erkennbar obwohl sie für das menschliche Auge so gut wie unsichtbar waren. Dieser Film wurde auf Grund der ungewöhnlichen Bildergebnisse von einigen Künstlern eingesetzt. Leider wird dieser Film seit vielen Jahren nicht produziert. Vereinzelt bei ebay auftauchende Rollen gehen für Preise von 30€ aufwärts über den Tresen. 

Ein weiteres Einsatzgebiet für die Infrarot Fotografie ist die Spionage und Überwachung. Da auch sehr starke, künstliche Infrarot Lichtquellen für das menschliche Auge unsichtbar bleiben ist es möglich unbemerkt gute, helle Aufnahmen in der Dunkelheit anzufertigen.

Die Sensoren gängiger Digitalkameras zeichnen Licht im Spektrum von ca. 350nm bis ca. 1100nm auf. Allerdings bauen alle Hersteller einen Hot-Mirror-Filter vor den Sensor. Dieses Filter beschränkt das Lichtspektrum auf den sichtbaren Bereich. Dieses Filter hat einen gewissen Transmissionsgrad, es filtert also nicht das komplette infrarote Licht. Aus diesem Grund kann man mit fast jeder digitalen Kamera Infrarot Fotos aufnehmen ohne das Hot-Mirror-Filter zu entfernen. Je nach Stärke des Hot-Mirror-Filters verlängert sich dann die Belichtungszeit ganz erheblich. Aus 1/500 bei ISO 200 werden dann mal schnell 30 Sekunden bei ISO 800. Ohne Stativ oder mit bewegten Motiven wird das also nichts. Für erste Versuche im Bereich der Infrarot-Fotografie genügt das aber sicher. Das Einzige was Du dafür brauchst ist ein IR-Filter den Du auf das Objektiv schraubst. Dazu später mehr.

Da der Anteil von infrarotem und ultraviolettem Licht für unser Auge unsichtbar ist lassen sich keine sicheren Vorhersagen treffen wie das Bild am Ende aussehen wird. Grundsätzlich ist bei strahlendem Sonnenschein im Sommer mit erheblich mehr UV und IR Strahlung zu rechnen als an einem regnerischen Tag im Oktober. Pflanzen, vor allem das Blattwerk der Bäume, reflektieren IR-Strahlung sehr stark. 


Kamera

Mit analogen Kameras ist Infrarot-Fotografie denkbar einfach. Deckel auf, Infrarot-Film einlegen, Deckel zu und schon kann es losgehen. Bei digitalen Kameras sieht das etwas anders aus da der verbaute Sensor zwar grundsätzlich auch sensibel für infrarotes Licht ist, dieses aber, wie bereits oben erwähnt, durch das Hot-Mirror-Filter zum größten Teil blockiert wird. Das zweite Problem ist, dass der Sensor eben nicht ausschließlich auf infrarotes Licht reagiert wie der IR-Film in der analogen Kamera.

Wenn Du regelmäßig und ernsthaft mit Deiner Kamera Infrarot und/oder UV Aufnahmen machen willst kommst Du um den Ausbau des Hot-Mirror-Filters aus Deiner Kamera nicht herum. Bei einigen Kameras, wie der Nikon D300, kann man das mit etwas Erfahrung, Geschick und Geduld selbst erledigen. Meinen Artikel darüber findest Du hier.

Es gibt mehrere professionelle Werkstätten die diese Umbauten übernehmen. Die Werkstätten geben gewöhnlicherweise eine Garantie auf den Umbau. Da ich keinerlei Erfahrungen damit habe weil ich bisher alle Kameras selbst umgebaut habe kann ich hier keine Empfehlung für eine bestimmte Werkstatt aussprechen. Einige deutsche Anbieter für Umbauten:
http://www.optic-makario.de/kameraumbau/

http://dslr-astrotec.de/modifikationen.html

http://www.irrecams.de/

Nachdem das Filter aus der Kamera entfernt wurde setzt die Werkstatt auf Wunsch ein anderes Filter vor den Sensor um die Kamera beispielsweise definiert nur noch als IR-Kamera zu betreiben. Die meines Erachtens nach beste Lösung ist allerdings der Umbau zu einer undefinierten Kamera. Dazu wird einfach Klarglas eingesetzt oder gar nichts, wie bei meiner D300. Dort ist das Schutzglas nicht mit dem Hot-Mirror-Filter verklebt und kann somit einfach wieder eingebaut werden. Durch den undefinierten Umbau kann die Kamera nun also UV, sichtbares Licht sowie IR aufzeichnen. Ohne Filter vor dem Objektiv tut sie genau das alles gleichzeitig. Die so aufgenommen Bilder sind von normalen Fotos in den meisten Fällen kaum zu unterscheiden. Ich kann die Kamera als normale Kamera benutzen, so wie vor dem Umbau auch. 

Alle Automatikfunktionen der Kamera, wie Weißabgleich-Automatik, Belichtungsautomatik und Autofokus sind auf das sichtbare Lichtspektrum ausgelegt. Umso höher der Anteil des unsichtbaren Lichts in der Aufnahme ist desto wahrscheinlicher sind Fehlfunktionen der Automatiken. In Kombination mit Infrarotfiltern mit Wellenlängen länger als 720nm dürfte keine der Automatiken zuverlässig funktionieren. Hier helfen nur Testaufnahmen im manuellen Modus der Kamera. Für die “richtige” Belichtung ist es ratsam Belichtungsreihen aufzunehmen. 

Wenn die Kamera ausschließlich Licht des sichtbaren Spektrums aufnimmt sollten alle Funktionen so arbeiten wie vor dem Umbau. Ob ich das unsichtbare Licht direkt vor dem Sensor aussperre oder schon am Eingang, also vor dem Objektiv hat keinen Einfluss auf die Arbeitsweise der Elektronik in der Kamera.


Objektiv

Bis auf wenige Spezial-Objektive sind alle Linsen auf Brechung von sichtbarem Licht berechnet. Das hat zum Einen zur Folge, dass bei infrarotem Licht der Fokus höchstwahrscheinlich an einer anderen Stelle sitzt als bei sichtbarem Licht, meist etwas näher. Zum Anderen haben viele Objektive die Eigenschaft in der Mitte einen hellen Fleck abzubilden weil das infrarote Licht an “falschen” Stellen innerhalb des Objektivs gebrochen und reflektiert wird. Einige, gerade moderne, Objektive sind kaum für die Infrarot-Fotografie geeignet. 

Bei ultraviolettem Licht sind die Auswirkungen nach meinen Erfahrungen nicht ganz so stark ausgeprägt. Durch die kurzen Wellenlängen wirken die Bilder allerdings oft etwas unscharf, auch wenn richtig fokussiert wurde. Bei längeren Brennweiten tritt dieser Effekt stärker auf als bei kurzen.

Meist sind “einfache” Objektive mit möglichst wenigen verbauten Linsen besser für die Brechung unsichtbaren Lichtes geeignet als aufwändige Zoom-Objektive. Wenn das infrarote Licht durch viele Linsen gestreut wird nehmen Kontrast und Schärfe ab. Umso größer der Brennweitenbereich des Objektivs desto stärker werden die o.g. Bildfehler sichtbar. Mit dem 18-300 für 199€ wird wohl kaum eine gute IR-Aufnahme gelingen. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Zoom-Objektive Hotspots produzieren und inakzeptable Schärfe und Kontrast aufweisen . Das ist von vielen Faktoren abhängig. Eine gute Übersicht über alle gängigen Objektive hinsichtlich ihrer Eignung für IR-Fotografie findest Du bei Kolari Vision.

Gute Erfahrungen habe ich mit verschiedenen Meyer Optik Görlitz Objektiven sowie dem Helios 44-2 gemacht. Ein Meyer Optik Görlitz Lydith 30/3,5 ist in einem guten Zustand bei ebay für 30-40€ erhältlich, keine großartige Investition also. Mittels einfachem Adapter M42 – Nikon F  für einige Euros kommt dann das alte Schmuckstück an die moderne Kamera.

Letztendlich helfen aber nur Testaufnahmen mit den verschiedenen Objektiven, nur anhand des Alters oder der Anzahl der verbauten Linsen lässt sich die Eignung eines Objektivs für die Infrarot-Fotografie nicht vorhersagen. 


Filter

Die unten beschriebenen Filter bestehen aus Spezialglas. Diese Gläser sind nicht nur außen beschichtet, sondern bestehen meist aus mehreren Schichten. Somit wird die Wirkung stärker wenn das Glas dicker ist. Ein 2 mm dickes Glas wird seine Aufgabe besser erfüllen als ein 1 mm dickes Glas. Du solltest vor dem Kauf darauf achten, dass der Hersteller angibt wie dick das verbaute Glas ist. Für einige schwer erhältlichen Filter kann es nötig sein, dass passende Glas selbst in einen Filterring zu montieren. Dafür benutze ich alte, billige Filter. Alternativ kaufe ich ein billiges Farb- oder UV-Filter. Ich baue das Originalglas aus und setze dann das Neue ein. 

Der chinesische Hersteller STC Optics bietet sogenannte Clip-Filter an. Diese werden vor dem Sensor befestigt. Das sieht nach etwas Fummelei aus, könnte aber eine gute Alternative zu den Schraubfiltern sein. Vor Allem, wenn man Objektive verwenden will, an denen man keine Filter befestigen kann wie z.B. Fisheye oder mein Sigma 14/2,8. Für die Arbeit im Light Painting sind diese Filter allerdings nicht sehr geeignet. In der Dunkelheit während der Belichtung die Clip-Filter ein- und auszubauen dürfte schnell zur Geduldsprobe werden.

Um zu steuern ob sichtbares, infrarotes oder ultraviolettes Licht aufgenommen werden soll und in welchen Anteilen, kommen verschiedene Filter zum Einsatz. Die meisten der unten genannten Filter sind schwer erhältlich und zum Teil sehr teuer. Für eckige Filter-System sind die meisten Filter überhaupt nicht erhältlich. 

Ich verwende Step-Down-Ringe um die großen 77 mm Filter an Objektive mit kleinerem Filter-Gewinde benutzen zu können. Das spart den mehrfachen Kauf des jeweiligen Filters. 77 mm ist das Maß meiner “größten” Objektive, von den 86mm des Halters für das Laowa 12/2,8 mal abgesehen.

Bei den Filtern sollte man nicht unbedingt auf die billigen Exemplare vom Mann aus Fernost zurückgreifen. Die Gläser haben immer Einfluss auf die Bildqualität, sie liegen schließlich mit in der gesamten Optik.

 

UV-IR Cut Filter

Dieses Filter hat genau die gleiche Wirkung wie das Filter vor dem Sensor welches wir aus der Kamera entfernt haben. Die Kamera nimmt mit diesem Filter nur Licht aus dem sichtbaren Spektrum auf. Dieses Filter benötigt man wenn man uneingeschränkt normale Fotos machen will, so wie vor dem Umbau.

Gute Erfahrungen habe ich mit Filtern der Firma Hoya gemacht. Sie liefern gute Ergebnisse und kosten nicht so viel wie andere gute Filter von B+W oder Heliopan. Hoya UV IR Cut Filter  

IR Pass Filter

IR Filter sind in unterschiedlichen Wellenlängen erhältlich. Die gängigste, und somit recht einfach und für einen angemessenen Preis zu bekommende, Variante hat eine Wellenlänge von 720nm und liegt somit zum Teil im sichtbaren Spektrum. Die Angaben auf den Filtern beziehen sich gewöhnlicherweise auf eine Transmission von 50% beim angegebenen Wert. Dieses Filter lässt also Licht mit 720nm zu 50% passieren. Die Kurve nimmt nach links steil ab und steigt nach rechts, also im IR-Bereich, stark an. Mit diesem Filter nehme ich demzufolge kein reines IR-Foto auf sondern immer einen gewissen Anteil an sichtbarem Licht plus einen hohen Anteil an IR. Mit diesem Filter werden typischerweise Falschfarben-Infrarot-Bilder (weiße Bäume und blauer Himmel) das Ergebnis sein, möglich ist aber auch ein monochromes Bild in der Bildbearbeitung zu erzeugen. Hoya R72

Um ein reines Infrarot-Foto aufzunehmen benötigt man Filter mit höheren Wellenlängen. Dadurch gelangt kein sichtbares Licht mehr in die Kamera. Das B+W Infrafotfilter hat bei 800nm einen Transmissionsgrad von nur 1% , bei 850nm 50% und bei 900nm 88%. Das Ergebnis mit solch einem Filter ist dann ein klassisches monochromes IR-Foto.

Mit Filtern mit Wellenlängen von über 950nm habe ich bisher keine Erfahrungen gesammelt.

Erhältlich sind ebenfalls Filter mit kürzeren Wellenlängen. Diese lassen also einen noch größeren Anteil des sichtbaren Lichtes passieren. Ich benutze neben dem oben erwähnten 720nm Filter einen 590nm Filter, um genau zu sein einen B+W 090. Auch dazwischen sind Filter erhältlich wie z.B. der B+W 091 mit 630nm. Hier findest Du eine gute Übersicht über die Effekte der verschiedenen Filter: http://infrarouge.photo/2015/09/16/le-comparatif-des-filtres-ir/

UV Pass Filter

Diese Filter sind sehr schwer erhältlich und sehr teuer. Bei Kolari Vison kostet die Variante mit 58mm Gewinde 250$ plus Versand. Größere Varianten sind dort nicht erhältlich. Dieses Filter lässt UV-Licht passieren und blockt fast das gesamte sichtbare Spektrum. Gewöhnlicherweise haben diese Filter ca. 50% Transmission im IR-Bereich. Ein “sauberes” UV-Filter erhält man somit nur in Kombination mit einem IR-Sperrfilter. 

UV-IR Pass Filter

Dieses Filter blockiert sichtbares Licht und lässt UV und IR passieren. Auch diese Filter sind sehr schwer erhältlich und sehr teuer. Die Transmission liegt sowohl im UV als auch im IR Bereich bei ca. 90%

Farbfilter

Bei der Verwendung von Farbfiltern werden ebenfalls bestimmte Wellenlängen blockiert bzw. reduziert. Farbfilter wirken, von (dunkel)roten Filtern mal abgesehen, allerdings nur auf Wellenlängen im sichtbaren Spektrum des Lichts. Einige Rotfilter reduzieren ebenfalls den IR Anteil. Ein Gelb- oder Orangefilter beispielsweise reduziert den blauen Anteil des Lichts. 

Stacking mehrere Filter

Bestimmte Effekte in der IR-Fotografie lassen sich recht einfach durch das Stacking mehrerer Filter erreichen. Durch die Kombination eines gelben Farbfilters mit einem 590 nm IR-Filter wird der Anteil des blauen Lichtes reduziert und der Anteil des IR-Lichts welches den blauen Kanal des Sensor anregt erhöht. Somit bekommen stark IR reflektierende Bildteile wie Bäume eine blaue Färbung. Der blaue Himmel hat dann im Bild einen Gelbstich, der Himmel selbst hat keinen großen IR-Anteil. Die Kombinationsmöglichkeiten von verschiedenen Filtern sind nahezu grenzenlos.


Weißabgleich

Jetzt wird es etwas schwieriger. Der automatische Weißabgleich der Kamera funktioniert nicht mit Licht aus dem unsichtbaren Spektrum. IR-Fotos sind stark rotlastig, UV-Fotos werden blau dargestellt. Um den Weißabgleich später in der Bildbearbeitung korrigieren zu können solltest Du in jedem Fall im RAW Format aufnehmen. Im JPEG-Format ist eine nachträgliche Korrektur nur sehr eingeschränkt möglich. Die Kameras können oftmals nicht auf den “richtigen” Wert eingestellt werden. Der kleinste Wert für den manuellen Weißabgleich meiner Nikon D300 liegt bei 2500K. In der Bildbearbeitung stelle ich den Weißabgleich oft auf einen noch kleineren Werte ein. 

Ein gängige Methode für das Einstellen des Weißabgleichs für die typischen 720nm Infrarotaufnahmen ist es den Weißabgleich auf Blätter von Bäumen oder den Rasen einzustellen. Dafür belichtest Du nur auf die Blätter oder das Gras und nimmst dieses Bild als Referenz für den Weißabgleich. Das Ergebnis sind dann die typischen 720nm Bilder mit den weißen Bäumen. 

In vielen Aufnahmesituationen fertige ich Weißabgleichsreihen an. Ich erhöhe dabei den manuellen Weißabgleich, beim kleinsten Wert 2500K beginnend, um jeweils ein oder zwei Stufen.


Belichtung

Als Erstes mache ich immer einige Testaufnahmen im Automatikmodus. Ich stelle die Blende ein und lasse die Kamera die passende Belichtungszeit wählen. In vielen Situationen und mit manchen Objektiven funktioniert das ganz gut. Mit anderen Objektiven ist das Bild viel zu dunkel. Mit den Testaufnahmen als Grundlage stelle ich im zweiten Schritt die Kamera in den manuellen Modus und wähle die Belichtungszeit. Wenn das Bild vorher zu dunkel war verlängere ich die Belichtungszeit so lange bis es passt. Alternativ kann man natürlich weiter aufblenden oder den ISO-Wert erhöhen. 

Da infrarotes Licht anders gebrochen wird als sichtbares tritt der Effekt der Beugungsunschärfe schon bei größeren Blenden auf. Je nach Objektiv bei Blende 8 oder sogar 5,6. Scharfe Infrarot Aufnahmen werden wohl mit kaum einem Objektiv mit Blenden von 11 oder kleiner gelingen. 

Es ist empfehlenswert Belichtungsreihen aufzunehmen. Oft kann man vor Ort auf dem kleinen Display der Kamera nicht vernünftig beurteilen ob die Belichtung passt. Somit kann man dann später am Computer das “richtige” Bild aussuchen und weiter bearbeiten. Denkbar wäre darüber hinaus auch das Verrechen der Belichtungsreihe zu einem DRI oder auch HDR


Fokussieren

Mit montiertem 720nm IR-Filter sieht man im Sucher meist genau gar nichts. Auch der Autofokus ist dann blind. In den meisten Fällen fokussiere ich zuerst ohne Filter, entweder mit dem Autofokus oder mithilfe der Funktion Live View per Hand. Die meisten von mir verwendeten Linsen haben ohnehin keinen Autofokus. Im Anschluss daran schalte ich den Autofokus an der Kamera aus und schraube das Filter an das Objektiv und mache eine erste Aufnahme. Bei einigen Linsen wie dem Meyer Optik Görlitz Figmentum 35/2 passt das dann meist. Sollte der Fokus nicht sitzen helfen nur weitere Testaufnahmen. Wie oben erwähnt sitzt der Fokus bei infrarotem Licht bei den meisten Objektive etwas näher als bei sichtbarem Licht. 

Im Light Painting ist das Fokussieren mal ausnahmsweise recht einfach. Im Beispielbild habe ich den Schädel mit einer leistungsstarken IR-Taschenlampe angeleuchtet und über Live View fokussiert. Da der Raum komplett dunkel war konnte ich ohne Filter nur mit infrarotem Licht fokussieren. Diese Methode eignet sich darüber hinaus ganz gut um den Unterschied im Fokus zwischen sichtbarem und infraroten Licht für das benutzte Objektiv zu ermitteln. Einmal den Schädel, oder gerne auch etwas weniger Morbides, mit sichtbarem Licht anleuchten, fokussieren, anschließend mit infrarotem Licht anleuchten und kontrollieren ob der Fokus noch passt.  Sollte das Motiv im Schritt zwei unscharf sein kann man jetzt recht einfach den Unterschied ermitteln und ggf. Markierungen am Objektiv anbringen oder Notizen machen. 

Diese Prozedur sollte man mit verschiedenen Motivabständen durchführen, 0,5, 1, 2, 3, 4 Meter und je nach dem, wann die Einstellung unendlich erreicht ist, noch darüber hinaus. Um diese Einstellungen einmal richtig zu ermitteln empfiehlt es sich die Kamera mit Computer oder Tablet zu verbinden um im größeren Live View Bild besser die Schärfe beurteilen zu können als auf dem kleinen Mäusekino auf der Rückseite der Kamera.

Es ist ratsam in der Infrarotfotografie mit möglichst wenigen verschiedenen Objektiven zu arbeiten weil der Aufwand für das Fokussieren meist recht groß ist. Wenn Du ein Objektiv gefunden hast, welches keinen Unterschied im Fokus auf sichtbares und infrarotes Licht aufweist solltest Du dieses verwenden um die Arbeit zu erleichtern auch wenn es nicht Dein “bestes” Objektiv ist.


 

©DAN ROBERTS

Welche Materialen infrarotes Licht (stark) reflektieren oder nicht ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Weder Pala Teth noch ich hatten im Beispielbild vom geschätzten Dan Roberts weiße bzw. hellgraue Bekleidung an. Mit infraroten Licht wird dann die schwarze Klamotte plötzlich viel heller… oder auch nicht. Nur weil zwei Sachen schwarz sind bedeutet das nicht, dass sie auch im Infrarotfoto gleich aussehen. Unter Umständen bleibt die Hose schwarz und die Jacke wird weiß/hell. Oder das weiße T-Shirt wirkt viel dunkler als die schwarze Hose. Auch hier helfen wieder nur, Du ahnst es bestimmt schon, Testaufnahmen. 

Aber genau solche Überraschungen machen für mich einen großen Reiz der Fotografie mit Licht aus dem unsichtbaren Spektrum aus. 

Im Light Painting kann man die Helligkeit im Bild über die Helligkeit der verwendeten infraroten Lichtquellen steuern, beim Fotografieren mit natürlichem Licht geht das nicht. Da muss man nehmen was kommt. Und weil eben mit bloßem Auge das infrarote Licht nicht zu sehen ist gibt es zuweilen einige Überraschungen. Grundsätzlich reflektieren die meisten Pflanzen infrarotes Licht recht stark. Aber auch hier kann es passieren, dass die Blätter des Laubwaldes viel heller im Bild sind als die davor liegende Wiese. 


Bildbearbeitung

Das Bild links ist die Originalaufnahme aus der Kamera mit automatischem Weißabgleich. Fotografiert habe ich mit dem Meyer Optik Görlitz Lydith 30mm und aufgeschraubten Hoya R72 Filter. Für das Ergebnis rechts habe ich in Darktable das Eingabeprofil auf “lineares Infrarot-BGR” eingestellt, den Weißabgleich manuell auf die Bäume gewählt, den Kontrast gespreizt und die Sättigung etwas erhöht. In anderen Bildbearbeitungsprogramme ist der Wechsel des Eingabeprofils auf BGR meines Wissens nach nicht möglich, da hilft dann nur das Tauschen des roten und blauen Farbkanals im Kanalmixer. Das Ergebnis ist dann sehr ähnlich. 


Light Painting mit unsichtbarem Licht

Das für mich eigentlich Spannende bei der Arbeit mit unsichtbarem Licht ist natürlich die Arbeit mit gesteuertem Licht im Light Painting. Mit infrarotem Licht einen Teil des Bildes in “schwarzweiß” und den Rest als “normales” Farbfoto aufzunehmen eröffnet ganz neue Möglichkeiten im Light Painting. 

Die Arbeitsweise sieht gewöhnlicherweise so aus, dass ich ein IR-Filter montiere und mit einer IR-Taschenlampe den Teil des Bildes ausleuchte, der monochrom dargestellt werden soll, wie  der Schädel im Beispielbild. Während dieses Arbeitsschrittes schalte ich meist eine grüne Taschenlampe ein um überhaupt etwas sehen zu können. Das grüne Licht wird von IR-Filter komplett blockiert und ist somit im Bild nicht sichtbar. Im nächsten Schritt entferne ich das IR-Filter und montiere ein UV/IR Cut Filter.  

In diesem Zustand funktioniert die Kamera dann wie eine nicht modifizierte Kamera. Ich kann also Lichtspuren mit sichtbarem Licht aufzeichnen. Die Schwierigkeit besteht allerdings bei der Einstellung des richtigen Weißabgleichs. Wenn ich den Weißabgleich so einstelle, dass der infrarote Teil des Light Paintings monochrom ist “verschieben” sich die Farben aus dem sichtbaren Spektrum mehr oder weniger stark. Besonders schwierig bis unmöglich den “richtigen” Weißabgleich einzustellen wird es bei der Arbeit mit ultraviolettem und infraroten Licht in einer Aufnahme. Aber genau das ist für mich ein spannender Aspekt im Light Painting; das Entwickeln neuer Techniken, neuer Ideen und das Ausloten der physikalischen Grenzen.

In diesem Sinne wünsche ich Dir allzeit gutes Licht, ob nun sichtbar oder unsichtbar.

Sven

This Post Has One Comment

  1. Mark

    Thanks for your blog, nice to read. Do not stop.

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