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Praxis Infrarotfotografie

Praxis Infrarotfotografie

Vor über einem Jahr schrieb ich den Artikel “Grundlagen der IR und UV Fotografie“. In diesem zweiten Teil geht es um die praktische Umsetzung, geeignete Motive, die nötige Ausrüstung sowie die nachträgliche Bearbeitung der Bilder am Computer. Vom “klassischen” Infrarotfoto (rechts) bis zu eher ungewohnten, experimentellen Aufnahmen mit UV/IR Filtern werden wir verschiedene Bereich der Infrarot Fotografie streifen. 

Einer der wichtigsten Punkte wird bei dieser speziellen fotografischen Technik im Eifer des Gefechts schnell vergessen. Die besondere Aufnahmetechnik schützt nicht vor Bildgestaltung. Man sollte jedes IR Foto genauso sorgfältig inzenieren wie ein Foto, welches mit sichtbarem Licht auf den Kamerasensor gebannt wird. Die “sauberste” Darstellung ist nutzlos wenn das Bild keine Geschichte erzählt und keine Emotionen auf den Betrachter überträgt.


Ausrüstung

Um ein Infrarotfoto wie im Beispielbild aufzunehmen braucht man eigentlich nur vier Dinge, eine Kamera, ein geeignetes Objektiv, einen stabilen Stand und einen IR Filter. Jede Digitalkamera nimmt infrarotes Licht auf. Durch das Hot Mirror Filter, welches der Hersteller vor dem Sensor der Kamera verbaut hat, wird der größte Anteil an infrarotem Licht allerdings gefiltert. Bei normalen Aufnahmen im Freien würde das infrarote Licht fast jede normale Aufnahme ruinieren. Einen kleinen Anteil des infraroten Lichts lässt das Hot Mirror Filter allerdings passieren. Wie hoch dieser Anteil ist hängt vom verwendeten Kameramodel ab. Um nun einen hohen Anteil an infrarotem Licht aufnehmen zu können sperrt man einen großen Teil des sichtbaren Licht, oder unter Umständen auch das komplette sichtbare Lichtspektrum mithilfe eines Schraubfilters vor dem Objektiv aus.  

Für Belichtungszeiten länger als 30 Sekunden ist für die meisten Digitalkameras ein arretierbarer Fernauslöser nötig. Kaum jemand hat Bock 2 Minuten oder länger den Auslöser gedrückt zu halten.

IR-Pass Filter

Für erste Versuche im Bereich der Infrarotfotografie genügt eine normale, also nicht umgebaute, Kamera völlig aus. In diesem Fall hat man mit einigen Einschränkungen zu kämpfen. Durch das verbaute Hot Mirror Filter und der daraus resultierenden geringen Lichtmenge, welche auf den Sensor trifft, werden die Belichtungszeiten sehr lang. Ohne Stativ wird das meist nichts. Bei strahlendem Sonnenschein muss man duruchaus mit Belichtungszeiten von 20 oder mehr Sekunden bei Blende 5,6 und ISO 400 rechnen. Bei vielen Kameras nimmt das Bildrauschen durch das infrarote Licht deutlich zu. Warum das so ist hab ich bisher noch nicht sicher ergünden können, vermutlich erwärmt sich der Sensor durch das IR deutlich schneller. Vergleichsaufnahmen mit einem ND Filter, also nur mit sichtbarem Licht, weisen  sichtbar weniger Bildrauschen auf. 

Für nicht umgebaute Digitalkameras eignen sich ausschließlich IR Filter mit Wellenlängen über 700nm. Alle Filter mit kürzeren Wellenlängen lassen zu viel sichtbares Licht durch. Das hat dann also meist gar keinen sichtbaren Effekt und ist nicht von einem normalen Foto zu unterscheiden.

Als erstes IR Filter empfiehlt sich ein Filter mit 720nm. Mit diesem wird das Ergebnis ein Infrarotfoto mit weißen Laubbäumen und leichter Blaufärbung des Himmel sein. Es gibt kaum Unterschiede ob man das Filter an einer nicht umgebauten oder einer undefiniert umgebauten Kamera verwendet. Zumindest bei den von mir verwendeten Nikon D750 (nicht umgebaut) und D300 (undefinerter Umbau) sind die Ergebnisse kaum zu unterscheiden. Gute Erfahrungen habe ich mit dem R72 von Hoya gemacht. Ich hatte auch einige preisgünstige Filter aus China getestet, allerdings waren die Ergebnisse meist nicht gut. Diese Filter produzieren gerne Hotspots und andere lustige Effekte. Wer billig kauft, kauft zweimal. Das einzige Filter aus China, welches vernünftige Resultate abliefert ist das 950nm Filter von Zomei. Mit diesem sind die Ergebnisse reine schwarzweiß Bilder, es fehlt jegliche Farbinformation. Dazwischen ist das 800nm Filter von B+W empfehlenswert, wenn auch nicht gerade ein Schnäppchen.

Mit Filtern im Bereich von 500nm bis 700nm gelingen Falschfarben Infrarotfotos wie dieses mit umgebauter Kamera. Umso kürzer die Wellenlänge, desto mehr sichtbares Licht. Die Transmission wird gewöhnlich bei 50% angegeben. Wenn das Filter also mit 650nm angegeben ist liegt die Transmission bei 650nm bei 50%. Im infraroten Bereich steigt sie recht steil an. Im sichtbaren Bereich fällt sie recht steil ab. Empfehlenswert sind hier die Filter B+W 090 590nm , B+W 091 630nm und B+W 092 695nm. Bei diesen Wellenlängen ist die Auswahl im Vergleich zu 720nm recht gering.

Unter Umständen lohnt eine Suche nach gebrauchten Exemplaren bei ebay. Filter wie der B+W 099 werden schon seit Jahren nicht mehr produziert und sind somit, wenn überhaupt, nur gebraucht erhältlich.

Eine Sonderstellung nimmt das BG3 Dual Band Pass Filter ein. Dieses hat eine hohe Transmission im UV und IR Bereich und eine geringe Transmission im sichtbaren Bereich. Diese Filter sind schwer erhältlich und teuer. Gelegentlich tauchen bei ebay Exemplare auf.

Dringend abzuraten ist von sogenannten variablen IR Filtern. Die Ergebnisse sind grauenhaft. Diese Dinger funktionieren ähnlich “gut” wie variable ND-Filter.  

Um nicht die teuren Filter mehrfach anschaffen zu müssen kaufe ich alle Filter in der Größe 77mm, diese passen auf das “größte” Objektiv. Wenn ich die Filter an Objektiven mit kleinerem Gewinde verwende benutze ich Stepdownringe

Volles Spektrum – kein Filter montiert

590nm Filter B+W 090 Kanaltausch rot-blau, blau-rot

680nm Filter Kanaltausch rot-blau, blau-rot

BG3 UV/IR dual pass Filter

UV/IR Cut Filter – die Kamera arbeitet wie vor dem Umbau

630nm Filter B+W 091 Kanaltausch rot-blau, blau-rot

720nm Filter Hoya R72 Kanaltausch rot-blau, blau-rot

BG3 UV/IR dual pass Filter Kanaltausch rot-blau, blau-rot

Alle Aufnahmen wurden am gleichen Tag mit der undefiniert umgebauten Nikon D300 und dem Nikkor 17-35/2,8 bei ISO 100 und Blende 11 aufgenommen. Alle Bilder wurden in der Bildbearbeitung geschärft und der Kontrast wurde angepasst. Der Weißabgleich wurde nach Bedarf angepast und manuell auf die Laterne gesetzt, diese ist annähernd neutral grau. Je nach Intensität der infraroten Strahlung variieren die Ergebnisse mit dem gleichen Filter teilweise recht stark. Die Bilder wurden im Juni bei 22°C aufgenommen. Wie auf den Bildern zu sehen war es wolkig.

Kamera

Um nicht nur mit Filtern über 700nm arbeiten zu können und auch kurze Belichtungszeiten zu steuern ist der Ausbau des Hot Mirror Filters nötig. Hier findest Du meinen Artikel zum Umbau der D300. Weniger mutige Naturen können die Kamera von einem professionellen Service wie Optic Makario umbauen lassen. Auf den Umbau erhält man eine Garantie. Ich habe allerdings keine Erfahrungen mit dieser Firma, ich hab die Kamera schließlich selbst umgebaut. Empfehlenswert ist ein undefinierten Umbau, also das Entfernen des Hot Mirror Filters ohne Einsatz eines definierten IR Filters vor dem Sensor. In diesem Fall wird einfach Klarglas montiert. 

Die Preise für den Umbau liegen je nach Kameramodell zwischen 300 und 500€. Glegentlich tauchen bei ebay bereits umgebaute Kameras auf. Je nach Modell liegt der Preis oft deutlich unter den Kosten für den Umbau. 

Nach dem Ausbau des Hot Mirror Filters nimmt die Kamera das volle Lichtspektrum auf. Welcher Farbkanal wie stark von Infrarotstrahlung angeregt wird variiert etwas von Modell zu Modell. Großartige Unterschiede konnte ich bisher allerdings noch nicht ausmachen. Grundsätzlich ist nicht Nikon “besser” als Canon oder andere Hersteller. Der Umstand, dass ich die Nikon D300 umgebaut habe ist einzig der Tatsache geschuldet, dass ich seit fast 30 Jahren ausschließlich Nikon Kameras verwende und die D300 gerade “übrig” war.

Um die Kamera nach dem Umbau weiterhin als “normale” Kamera verwenden zu können ist ein UV/IR Cut Filter nötig. Dieses Filter erfüllt die gleiche Aufgabe wie das Hot Mirror Filter vor dem Sensor. Wenn dieses Filter an das Objektiv geschraubt wird verhällt sich die Kamera inklusive aller Automatikfunktionen wie vor dem Umbau. Also eigentlich könnte man durchaus einfach seine einzige Kamera umbauen (lassen). Alternativ kann man eine gebrauchte Kamera bei ebay kaufen. Eine D300 oder D300s in gutem Zustand wechselt für 150 bis 200€ den Besitzer. Das robuste Profigerät hat zwar “nur” 12 Megapixel, geht aber dafür nicht so schnell kaputt. 

Durch den Umbau ist es jetzt möglich kurze Belichtungszeiten zu steuern. Mit dem montierten 720nm Filter werden aus den 30 Sekunden bei ISO 400 und Blende 5,6 vor dem Umbau jetzt bei gleichem Licht ungefähr 1/60 Sekunde bei ISO 200. Darüber hinaus bist Du nach dem Umbau viel flexibler beim Einsatz von Filtern mit kürzeren Wellenlängen weil der Anteil des unsichtbaren Lichtes, welches der Sensor jetzt aufzeichnet, nicht mehr so weit entfernt vom Anteil des sichtbaren Lichtes ist.

Es lässt sich nicht sicher vorhersagen welcher Farbkanal nach dem Umbau wie stark auf infrarotes Licht reagiert. Die Ergebnisse weichen recht stark je nach Kamera voneinander ab. An einer Canon oder Sony können die Bilder anders aussehen als an der Nikon. Gerade bei Filtern mit kürzeren Wellenlängen, also Falschfarben-Aufnahmen, wird dann vielleicht der Grün-Kanal stärker angeregt. Somit bekommt dann das Bild einen Grünstich.

Objektiv

Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Objektive für sichtbares Licht gerechnet. Man findet wenig Informationen darüber ob ein Objektiv für Infrarotfotografie geeignet ist. Am Preis kann man das nicht festmachen. Grundsätzlich habe ich bisher mit alten, manuellen Festbrennweiten bessere Ergebnisse erzielt als mit modernen Zoomobjektiven. Das Hauptproblem ist, dass viele Objektive bei infrarotem Licht einen Hotspot, also einen hellen Fleck, in der Bildmitte produzieren. Beim Laowa 12mm aus dem Beispielbild fällt dieser noch recht moderat aus, aber störend ist das auch hier. Bei vielen Objektiven ist der Hotpspot viel stärker ausgeprägt. Die bisher besten Ergbnisse habe ich mit dem Nikkor 17-35/2,8 erzielt. Nur für die Infrarotfotografie würde ich diese Linse allerdings nicht anschaffen; das Teil ist nicht gerade ein Schnäppchen.

Zum Vergleich hier mal die gleiche Szene, aufgenommen mit dem Nikkor 17-35.

Gute Ergebnisse liefern darüber hinaus mein altes Soligor 25/2,8, das Meyer Optik Görlitz 35/2, Meyer Optik Görlitz Lydith 30/2,8 und das Helios 44-2. Mit dem guten Sigma 14/2,8 konnte ich keine IR Aufnahmen machen weil sich an diesem Objektiv keine Filter montieren lassen. Mit längeren Brennweiten habe ich bisher ebenfalls noch keine Infrarotaufnahmen gemacht. Bisher gab es keinen Grund dafür. 

In den meisten Fällen wird man eher kürzere Brennweiten nutzen. Ohne viel Blattwerk im Bild ist Infrarot Fotografie meist recht sinnlos, vom Light Painting mal abgesehen. Wegen der langen Belichtungszeiten bei der Verwendung nicht umgebauter Kameras ist darüber hinaus auch die Gefahr der Verwacklung geringer als beim dicken Teleobjektiv.

Bevor Du Geld zum Onlinedealer transferierst solltest Du erst einmal alle Objektive aus Deinem Fotorucksack testen. Wenn alle einen Hotspot ins Bild malen kannst Du versuchen ein Schnäppchen bei ebay zu machen.  Für Nikon sind die alten 20/2,8 AI-S und AF sowie die alten 24/2,8 AI-S und AF empfehlenswert. Die neueren AF-D aus Kunststoff und vor allem G Varianten sind dagegen ungeeignet. 
Die Canon Freunde sollten bei ebay nach dem EF 28/2,8 Ausschau halten. Die 20 und 24mm Linsen von Canon produzieren mehr oder weniger starke Hotpots. Das 17-35/2,8 von Canon ist wie das Nikkor gleicher Brennweite ebenfalls gut geeignet. Allerdings wird dieses nicht mehr produziert, für 450 bis 500€ gehört ein gebrauchtes Exemplar in guten Zustand Dir.

Für die Sony Jünger sieht es etwas schlechter aus, die Auswahl an Altglas ist sehr eingeschränkt. Da empfiehlt es sich eine alte Canon oder Nikon Linse an die Alpha zu adaptieren. Allerdings dürften die meisten der Zeiss Linsen die aktuell für Sony produziert werden gute Ergebnisse abliefern. Testen konnte ich das aber bisher nicht.


Geeignete Motive

Da Gras, Sträucher und vor allem Laubbäume infrarotes Licht stark reflektieren wird man wohl bei den allermeisten Infrarotfotos darauf achten zumindest etwas Grünzeug im Bild zu haben. Ohne den Rasen und die Bäume in der surrealen Falschfarbe würde dieses Bild aussehen wie ein schlecht entwickeltes oder verblasstes  Foto von 1972. Geeignete Motive bestehen also aus mehr oder weniger großen Bereichen aus Bäumen oder anderem Grünzeug. Nadelbäume reflektieren infrarotes Licht weniger stark als die Geschwister mit den Blättern.

Die allermeisten anderen Sachen wie Gebäude, Autos usw. werden weder heller noch in Falschfarben dargestellt. Diese werden dann nur entsättigt, bis hin zu reinen Graustufen, wiedergegeben. Meist sind solche Bilder nicht als Infrarot Aufnahmen zu erkennen.

Darüber hinaus ist die Infrarotfotogafie durchaus für die kreative Porträt- und Tierfotografie geeignet, auch wenn der klassische Einsatzbereich eher die Landschafts- und Architekturfotografie sein dürfte.

Ursprünglich hatte ich die D300 umgebaut um sie im Light Painting zu verwenden. Mit komplett gesteuertem Licht ist es möglich infrarotes und sichtbares Licht gleichzeitig in einer einzelnen Belichtung aufzunehmen. Mit einer starken IR-Taschenlampe werden die Bereiche ausgeleuchtet die später monochrom sein sollen. Im zweiten Schritt entfernt man das IR Filter um Lichtspuren mit normalen Taschenlampen ins Bild zu malen. Oder, je nach Gusto, natürlich auch andersherum. Da die Taschenlampe nur infrarotes Licht emittiert, in diesem Fall 850nm, könnte man hier auf den Einsatz eines Filters verzichten. Das Problem ist dann allerdings, dass man rein gar nichts mehr sieht. Mit dem montierten Filter ist es möglich eine Lampe mit sichtbarem Licht, gewöhnlich nehme ich eine mit grünem Licht, einzuschalten damit man sich nicht während des Light Painting blaue Flecke verpasst weil man irgendwo gegen läuft.

In jedem Fall braucht man für Infrarotfotos unbedingte Eins; nämlich für das menschlische Auge unsichtbares infrarotes Licht. In den meisten Fällen werden wir die natürliche Strahlung der Sonne dafür nutzen, seltener künstliche IR Lichtquellen. Am einfachsten gelingen Infrarotfotos bei strahlendem Sonnenschein im Sommer. Viel Sonne und hohe Temperaturen = viel infrarote Strahlung. Mit einem reinen IR FIlter, also mit keinerlei Transmission gelingen auch Bilder bei schwacher Strahlung, einzig die Belichtungszeit verlängert sich. Bei schwächeren Filtern sollte der Anteil von infrarotem und sichtbaren Licht zueinander passen. Wenn der Anteil des sichtbaren Lichts viel größer ist als der des infraroten sehen die Ergebnisse fast aus wie eine normale Aufnahme. 

Der Winter ist auch aus einem anderen Grund schlecht für IR Fotos geeignet. An den Bäumen hängen keine Blätter, somit lassen sich keine weißen bzw. falschfarbige Bäume darstellen.


Kameraeinstellungen

Die Automatikfunkionen der Kamera sind allesamt auschließlich für das sichtbare Lichtspektrum konsturiert. Die Automatiken funktionieren nicht oder nicht zuverlässig. Wie gut oder schlecht die Belichtungsmessung und der Autofokus funktionieren hängt vom Kameramodell, dem verwendeten Objektiv und der Wellenlänge des Filters ab. Was in keinem Fall auch nur ansatzweise funktionieren dürfte ist der automatische Weißabgleich.

In jedem Fall sollte die Kamera auf “RAW” stehen. Aus den Rohdaten bekommt man später am Rechenknecht eher noch ein brauchbares Ergebnis heraus gekitzelt als aus dem kompirmierten JPEG Bildchen. Gerade der Weißabgleich lässt sich beim komprimierten Bild meist kaum noch korrigieren. 

Es ist empfehlenswert Belichtungsreihen aufzunehmen. Meist mache ich 5 Aufnahmen mit jeweils einer Blende Unterschied, in schwierigen Lichtsituationen auch mal sieben Blider.

Weißabgleich

Im ersten Impuls werden viele Fotografen denken, dass sie den Weißabgleich einfach später in der Bildbearbeitung korrigieren. In einigen Fällen wird das auch zufriedenstellende Ergbnisse abliefern. In vielen Fälle wird das allerdings mit großen Schwierigkeiten verbunden sein weil die Farbtemperatur, welche die Automatik steuert viel zu weit vom angestrebten Zielwert entfernt ist. Bei normalen Fotos bewegt sich die Korrektur meist nur im Bereich einiger hundert Kelvin. Bei der Arbeit mit Licht aus dem unsichtbaren Spektrum wird oftmals eine Korrektur um einige tausend Kelvin nötig. Bei der Arbeit mit dem UV IR dual pass Filter landet man meist bei 10000 oder mehr Klevin. Die Automatik steuert gewöhnlich Werte um 3000K mit diesem Filter. In vielen Fällen wird das Bild durch die starke Verschiebung der Farbtemperatur unbrauchbar. 

Meist haben die “Rohblider” einen starken Rotstich. Das Beispielbild ist schon recht nah am richtigen Wert. In der Bildbearbeitung habe ich den Wert von den 2500K der Kamera auf 3300K geändert. Das Ergebnis sieht dann (fast) genauso aus wie das Foto ganz oben. Auf dem kleinen Display der Kamera kann man allerdings kaum beurteilen wie weit weg man vom richtigen Wert ist, zumal das auf dem Display angezeigte Bild nicht das Raw-Bild sondern die eingebette JPEG-Vorschau ist. Das Ziel sollte also immer sein den Weißabgleich in der Kamera richtig einzustellen. Ganz genau wird das meist nicht gelingen. Die Kamera ändert die Wert in Schritten von 100K oder mehr. In der Bildbearbeitung geht das noch feiner. Anpassungen um einige Kelvin im Nachhinein haben keine negativen Auswirkungen auf die Bildqualität. Darüber hinaus ist eine Beurteilung der Helligkeit besser möglich wenn der Weißabgleich richtig eingestellt ist. Rot brennt nicht so schnell aus. Wenn ein Teil des Bildes hellrot oder orange ist könnte dieser Teil nach der Änderung des Weißabgleichs in der Bildbearbeitung ausgebrannt sein.

Bei Filtern mit geringer Transmission im sichtbaren Spektrum, also ab 700nm, kann man den Weißabgleich mithilfe eines Referenzbildes einstellen. Dazu nimmt man ein Foto von einem Stück Rasen oder Blättern auf. Dieses sollte das ganze Bildfeld füllen. Ob das richtig fokussiert ist spielt keine Rolle, allerdings sollte die Belichtung, also die Helligkeit des Bildes halbwegs passen. Dieses Bild übergibt man dann der Kamera als Referenz für den Weißabgleich. 

Schwieriger wird es bei der Verwendung von Filtern mit höherer Transmission im sichtbaren Bereich oder dem BG3 Filter mit zusätzlich hoher Transmission im UV Bereich. Die Bereiche mit hoher IR-Reflexion, Bäume usw., sollen und werden schließlich im Ergebnis nicht weiß dargestellt. Es wäre einen Versuch wert den Weißabgleich mit einem Referenzbild auf einen neutralgrauen Bereich, wie Beton oder Stein, zu versuchen. Allerdings ist nicht sicher, ob das funktioniert. Ein weiterer Ansatz wäre ein Vergleich mit früheren Aufnahmen welche schon am Computer bearbeitet wurden. Wenn bei ähnlichen Lichtverhältnissen der passende Wert für das Bild mit dem 680nm Filter bei 2500K lag, kann man nicht so viel verkehrt machen wenn man den Weißabgleich manuell auf eben diesen Wert einstellt. Mehr als 200 -300k liegt man dann meist nicht daneben. Wer ganz sicher gehen will nimmt das Bild mehrfach mit verschiedenen Werten auf. Eine Änderung um jeweils 500k im Bereich von 2500 bis 5000K sollte für die Arbeit mit dem 680nm Filter in jedem Fall ausreichen um dann ein gutes Ergebnis zu haben. 

Bei der Arbeit mit dem BG3 Filter stelle ich meist den höchstmöglichen Wert der D300 ein, dieser liegt bei 10000K. In der Bildbearbeitung muss ich diesen in vielen Fällen noch erhöhen. Für den Einstieg in die Infrarotfotografie ist dieses Filter nicht unbedingt die erste Wahl. Es kostet viel Zeit und Nerven bis die ersten brauchbaren Bilder auf der Festplatte landen. 

Blende

Wenn die Sonne lacht – Blend Acht… oder so ähnlich. Bei infrarotem Licht tritt der Effekt der Beugungsunschärfe bereits bei größeren Blenden auf als bei sichtbarem Licht, 16 oder gar 22 sollte man sich in jedem Fall verkneifen. Das Nikkor 17-35/2,5 liefert auch bei Blende 11 noch gute Ergebnisse; die meisten anderen Linsen sollte man nicht weiter als bis 8 abblenden. Da das typische Infrarotmotiv eher eine große Tiefenschärfe verlangt sollte man auf der anderen Seite auch die Blende nicht zu weit aufreißen. Bei der Verwendung kurzwelliger Filter kommt darüber hinaus noch erschwerend hinzu, dass die Fokuspunkte für das sichtbare und das infrarote Licht, je nach verwendetem Objektiv mehr oder weniger weit auseinander liegen. Infrarotfotografie bewegt sich also gewöhnlich im Bereich von Blende 5,6 bis 8, mit einigen Objektiven auch noch 11.

ISO

Um das Bildrauschen möglichst gering zu halten sollte man versuchen mit dem kleinsten nativen ISO-Wert der Kamera zu arbeiten. Bei der D300 ist dieser 200. Bis ISO 800 sind die Ergebnisse noch gut wenn man mit kurzen Belichtungszeiten arbeitet und der Kamera zwischen den Aufnahmen etwas Zeit zum Abkühlen gönnt. Bei der nicht umgebauten D750 gelingen, abhängig von der Umgebungstemperatur, durchaus auch noch gute Aufnahmen mit ISO 1600 und Belichtungszeiten bis zu 10 Sekunden. Um die Grenzen deiner Kamera auszuloten empfiehlt es sich Testaufnahmen zu machen und diese dann zu analysieren. 
Da Bildrauschen ein thermisches Problem ist sind die Unterschiede im Bildrauschen recht deutlich, je nachdem, ob die Kamera bei 30°C und Windstille in der prallen Sonne steht, oder bei 20°C ein laues Lüftchen die Kamera im Schatten kühlt.

Belichtungszeit

Grundsätzlich wird man versuchen die Belichtungszeit kurz zu halten. Wenn der Wind die Blätter an den Bäumen, oder gar die ganzen Bäume, bewegt, ist man auf kurze Belichtungszeiten festgelegt wenn man ein scharfes Bild als Ergebnis haben will. Bei Windstille kann man auch mit der nicht umgebauten Kamera mit Belichtungszeiten von 10 oder 20 Sekunden gute Ergebnisse erzielen. Anderfalls ist man gezwungen ISO und Blende anzupassen. 

Oftmals hat man wenig Spielraum und es scheint unmöglich einen guten Kompromis aus Blende, ISO und Belichtungszeit zu finden. Es ist ohnehin empfehlenswert Belichtungsreihen aufzunehmen, bei Bedarf auch mehrere mit verschiedenen ISO Werten und Blenden. Und wenn das alles nicht hilft bleibt nur der erneute Besuch der Location bei mehr Licht und weniger Wind.


Bildbearbeitung

Ohne Bildbearbeitung sind die Bilder meist recht unansehnlich. Gewöhnlich weisen sie einen mehr oder weniger starken Rotstich auf. Zur Bearbeitung der Bilder benutze ich Darktable. Diese Software ist Open Source und somit kostenlos. Ursprünglich wurde Darktable für Linux entwickelt, mittlerweile gibt es aber ebenfalls Versionen für Windows und für die Jünger der Maschinen mit dem angebissenem Obst. Du kannst Dir die zu Deinem System passende Version hier herunterladen: https://www.darktable.org/ Für die meisten Linux Distributionen kannst Du Darktable über die Paketverwaltung einspielen. Darktable ist das einzige Programm, bei dem sich das Eingabeprofil auf Infrarot BGR einstellen lässt. Das erspart den klassischen Kanaltausch.  Eine feinere Abstimmung erzielt man allerdings mit dem Kanalmixer. 

Bild 1 zeigt das Raw-Bild aus der Kamera. Der Weißabgleich ist schon recht nah am Zielwert. Als Erstes passe ich den Weißangleich an (Bild2). Dazu wähle ich im Modul “Weißabgleich” die Voreinstellung “manuell setzen” und wähle einen neutralgrauen Bereich im Bild. Wie groß dieser Bereich ist spielt keine Rolle. Für das Beispiel habe ich einen Teil des Steinsockels gewählt. Man könnte den Weißabgleich durchaus auch auf die Wolken setzen. Bei der Arbeit mit Filtern mit 720nm Wellenlänge oder darüber könnte man den Weißabgleich auch auf die Bäume setzen. 
Im nächsten Schritt passe ich den Kontrast an (Bild 3). Dazu verwende ich das Modul “Werte”. In diesem schiebe ich den linken Regler soweit nach rechts bis er genau am Anfang der Kurve sitzt. Den rechten Regler schiebe ich an die linke Seilte der Kurve. Im Anschluss stetze ich das Eingabeprofil auf “lineares infrarot BGR” (Bild 4). Im Beispiel ist mir das Bild allerdings zu “flau”. Ich habe also das Eingebeprofil wieder zurück auf RGB gesetzt und mit dem Modul “Kanalmixer” den roten Kanal auf Blau und den blauen Kanal auf Rot verschoben. Danach wird das Bild dann noch geschärft und ggf. entrauscht. Das war’s dann eigentlich auch schon.

In den meisten Fällen benutze ich entweder das mittlere Bild aus der Belichtungsreihe, oder das mit +1EV. Falls keine Aufnahme aus der Belichtungsreihe passt kann man die ganze Reihe einem HDR Programm übergeben (Bild 6) oder mit Gimp ein DRI aus den Bildern der Belichtungsreihe rechnen. Die Belichtungsreihe für Bild 6 wurde mit einem 680nm Filter aufgenommen, die Bilder 1-5 mit 720nm. Da die meisten HDR Programme den Weißabgleich für Infrarotaufnahmen nicht richtig setzen können stelle ich diesen zuerst in Darktable ein und exportiere alle Bilder als JPEG. Wenn das Ergebnis monochrom sein wird kann man darauf verzichten und direkt die RAW Bilder öffnen und dann im HDR Programm ein S/W Profil wählen.

Je nach Geschmack kann das Bild dann noch weiter bearbeitet werden. Die meisten Bearbeitungsschritte arbeiten wie bei jedem normalen Foto auch, einzig bei Allem was die Farbwiedergabe betrifft treten zuweilen unerwartete Ergnisse auf.

Allzeit genug unsichtbares Licht wünscht
Sven 

This Post Has 2 Comments

  1. Dieter Keyßner

    Hallo Sven,
    ich suche den von Dir veröffentlichten Artikel vom 16.Oktober 2019 “Light Painting mit Altglas” könntest Du mir den Link zusenden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dieter keyßner

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