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Farben im Lightpainting Teil 3

PHYSIKALISCHE ASPEKTE DER FARBEN IM LIGHTPAINTING

Das Thema der ersten beiden Teile des Artikel war je eher theoretischer Natur. In diesem Teil beschäftigen wir uns nun mit der technischen Umsetzung im Light Painting. Welche Farben sind einfach zu benutzen, welche nicht? Kann ich verschiedene Farben im Light Painting mischen, und wenn ja welche und wie?

Im Light Painting kann man mit den geeigneten Lampen und der nötigen Erfahrung fast jede Farbe in jeder gewünschten Sättigung und Helligkeit darstellen. Beim Versuch verschiedene Farben zu mischen sind wir allerdings sehr oft zum Scheitern verurteilt. „Alle“ Farben in einem Bild darzustellen wie beim Photonenrotor im Titelbild ist alles andere als einfach. An diesem Bild habe ich mehrere Tage gearbeitet. Die Belichtungszeit betrug 131 Sekunden. Das blaue Licht habe ich mit einer kleinen Taschenlampe mit blauer Farbfilterfolie, beides an einem Stück Plexiglas befestigt, ins Bild gemalt. An einem weiteren Plexi steckte eine zweite Taschenlampe ohne Folie. An diesem Plexi hatte ich außen zwei kleine Stücken Farbfolie (rot und gelb) angebracht. Das dritte Teil war ausschließlich weiß (Mitte). Durch Veränderung der Brennweite während der Belichtung sind die Spuren der Plexiglasteile mehrfach in diesem Light Painting sichtbar. Den äußeren Ring mit dem Farbverlauf habe ich mit einer LED-Lampe mit einem Farbwechsel-Modus realisiert. Die Schwierigkeit bestand darin die Drehgeschwindigkeit an die Geschwindigkeit des Farbwechsels anzupassen und die Anzahl der Umdrehungen für den gewünschten Effekt zu ermitteln. IDieses weiche Licht mit dem sauberen Farbverlauf lässt sich mit einer einzelnen Umdrehung kaum umsetzen.

Solche Light Paintings funktionieren allerdings nur ohne weiteres Licht. Durch Ausleuchtung des Raumes hätte ich mir vermutlich die Hälfte des äußeren Ringes wieder weggeleuchtet. Den äußeren Ring wesentlicher heller zu machen wäre ebenfalls nicht möglich. Aber warum ist das so?

In der Schule haben wir damals gelernt wie man Farben nach der subtraktiven Farbmischung mischt. Aus den 3 Primärfarben Gelb, Cyan und Magenta werden alle Farben gemischt. Umso mehr Farbe ich auf das Blatt auftrage desto dunkler wird die gemischte Farbe. Wenn ich alle 3 Primärfarben zu gleichen Anteilen auf das Blatt male ist das Ergebnis ein dunkles Braun, im Idealfall Schwarz. Schwarz ist allerdings im physikalischen Sinne keine Farbe sondern die Abwesenheit von Licht. Fast alle Druckverfahren arbeiten mit 4 Farben: Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz.

Die subtraktive Farbmischung hat allerdings keine Gültigkeit wenn ich mit Licht arbeite. Umso mehr Licht ich übereinander lege desto heller wird das Ergebnis. In der additiven Farbmischung wird aus den 3 Primärfarben Rot, Grün und Blau nicht Schwarz sondern Weiß. Genauso wenig kann ich aus rotem und grünen Licht braun mischen. Ich habe keine Möglichkeit Teile im Bild mit Licht schwarz zu färben, Schwarz sind im Light Painting immer nur Bildteile ohne jegliches Licht.

Im Light Painting müssen wir also zuerst einmal das in der Schule gelernte und im Gedächtnis fest abgespeicherte Wissen über die Farbmischung vergessen.

Theoretisch kann man im Lightpainting ähnlich wie auf einem RGB-Monitor jede Farbe darstellen. Praktisch wird das allerdings sehr schwierig. Im Monitor sind die einzelnen Bildpunkte sauber von einander getrennt und beeinflussen sich nicht gegenseitig. Im Monitor wird jeder einzelne Bildpunkt mit exakten Werten zur Farbmischung und Helligkeit angesteuert. Im Light Painting arbeiten wir meist mit Taschenlampen. Diese leuchten, im Gegensatz zum Mikrometer großen Bildpunkt des Monitors, immer einen größeren Bereich aus. Die Helligkeit innerhalb des Lichtkegels ist bei keiner Taschenlampe absolut gleichmäßig. Bei der Verwendung von Farbfolien ist demzufolge die Farbe im Lichtkegel ebenfalls nicht gleichmäßig.

In der Theorie vermischen sich die Primärfarben wie folgt:
ROT – GRÜN = GELB
GRÜN – BLAU = CYAN
ROT – BLAU = MAGENTA
ROT – GRÜN – BLAU = WEIß

In der Praxis sieht das oftmals anders aus. Eine saubere Mischung habe ich nur wenn die Helligkeit der Farben identisch ist, die Farben „sauber“ sind und die beleuchtete Fläche gleichmäßig vom Licht getroffen wird und die Fläche das Licht neutral reflektiert.

Hier mal einige Testaufnahmen an der weißen Kellerwand:

Wie man sieht ist eine saubere Mischung der Farben so nicht möglich. Ich habe hier zwei identische RGB-Taschenlampe benutzt. Der Abstand beider Lampen zur Wand war gleich. Die Lampen projizieren keinen sauberen, gleichmäßigen Lichtkegel. Erkennbar sind die Sekundärfarben Gelb, Cyan und Magenta allerdings dann doch in einigen Bereichen der Überschneidung. Wenn ich die Lampen an einen Blade aus Plexiglas oder einen anderen Lichtformer, welcher das Licht recht gleichmäßig verteilt, sieht das anders aus. In diesem Fall wird das Licht schließlich nicht noch von der Wand oder irgendwelchen Gegenständen reflektiert. Wenn ich mit 2 Farben einen Gegenstand oder Gebäudeteil der nicht weiß ist anleuchte ist das Resultat vorher noch weniger zu erahnen.

Durch Mischen der Primärfarben entstehen die 3 Sekundärfarben Gelb, Cyan und Magenta. Was passiert beim Mischen der Primärfarben mit den Sekundärfarben?
ROT – CYAN = WEIß
GRÜN – MAGENTA = WEIß
BLAU – GELB = WEiß

In großen Bereichen ist hier das Licht ausgebrannt. Über den ausgebrannten Stellen ist gut zu sehen wie sich die Farben mischen. Das wird immer mehr oder weniger grau, weiß wird das nur in der Theorie. Wird ein größerer Bereich so ausgeleuchtet sieht das meist nicht gut aus. Abgesehen davon könnte ich dann auch gleich mit weißem Licht die Szene ausleuchten.

Bei der Arbeit mit mehreren Sekundärfarben oder einer Primärfarbe und einer Sekundärfarbe sollte man also immer aufpassen, dass man die Farben bei der Ausleuchtung sauber voneinander trennt um diese unschönen grauen Bereiche zu vermeiden. Das ist in den meisten Räumen auch gar nicht so schwierig. Bei der Ausleuchtung von Personen oder Gegenständen kann das allerdings ganz schnell zur großen Herausforderung werden.

Bei der Arbeit mit Farbfilterfolien passiert grundsätzlich nichts anderes als bei der Arbeit mit RGB-Lampen wie in den Bildern oben. Die Farbfilterfolie färbt ja das Licht nicht ein sondern blockiert nur alle Wellenlängen außer der eigenen. Ein rotes Filter lässt nur rotes Licht durch, der Rest des Spektrums wird blockiert.

Mit Farbfilterfolien kann ich allerdings andere Lampen oder auch Blitzgeräte benutzen. Mit einer Flächenlampe oder einem Blitz mit Softbox wird das Licht weicher und somit gleichmäßiger verteilt. Es brennt nicht so schnell aus wie in meinen Beispielbildern oben. Allerdings wird auch der Bereich in dem beiden Farben gleichzeitig die Wand beleuchten größer.

Lightpainting, Light Painting, Light Art Photography

Oben mal ein praktisches Beispiel. Ich habe hinter der bezaubernden Marla zwei Aufsteckblitze, einer mit einer blauen und der andere mit einer grünen Farbfilterfolie, mehrmals abgefeuert. Dadurch entstanden blaue und grüne Bereiche, Bereiche in denen das Licht ausgebrannt, also weiß, ist und welche in denen sich die beiden Farben zu Cyan vermischen. In dunkleren Bereichen geht die Farbe dann etwas in Richtung grau, das ist allerdings hauptsächlich den Reflektionseigenschaften des Nebels geschuldet. Nebel ist schließlich kein sauberer Reflektor. Aber genau dieses strukturierte Licht mit den vielen Nuancen wollte ich ja hier haben, eine „saubere“ Fläche hinter dem Model wäre sehr langweilig wie ich finde.

Allzeit gutes Licht
Sven

Sven Gerard

Sven Gerard, Jahrgang 1969, geboren und aufgewachsen in Berlin. Er fotografiert seit frühester Jugend mit großer Leidenschaft. Neben dem fotografischen Erkunden zahlreicher beeindruckender verlassener Orte, widmet er sich seit mittlerweile 10 Jahren intensiv dem Lightpainting. Sein umfangreiches Wissen teilt er auf seinem Blog „Lichtkunstfoto.de“, weiteren Publikationen und in seinen Workshops. Darüber hinaus organisiert er Veranstaltungen zum Thema Lightpainting, wie „Light Up Berlin“. Gerard lebt gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in Berlin und hat einen erwachsenen Sohn. Sven Gerard was born in 1969 and grew up in Berlin. He has been a passionate photographer since his early youth. In addition to photographically exploring numerous impressive abandoned places, he has been intensively involved in light painting for 10 years now. He shares his extensive knowledge on his blog ‘Lichtkunstfoto.de’, other publications and in his workshops. He also organises events on the subject of light painting, such as ‘Light Up Berlin’. Gerard lives in Berlin with his partner and has a grown-up son.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Hans Roufflair

    Auch hier mein Dank für Deine Zeit und Mühen dieses Thema mundgerecht zu servieren. Wirklich erstaunlich was ich so im Laufe der Zeit vergesse- 🙁

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