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Model: Erik

Tipps zum Start ins Lightpainting

 

LIGHTPAINTING – TIPPS FÜR EINSTEIGER

Ich hatte mir schon lange vorgenommen, einen Beitrag zu schreiben, in dem ich möglichst kurz und einfach den Einstieg ins Lightpainting beschreibe. Jetzt habe ich endlich die Zeit dafür gefunden. Eins gleich vorweg: Lightpainting ist nicht einfach. Lightpainting macht man nicht mal so schnell nebenbei. Ohne viel Übung wird man kaum brauchbare Ergebnisse auf die Speicherkarte bekommen. Vom Zusehen und Mitfotografieren der Performance eines selbsternannten Meisters wird man seine eigenen Fähigkeiten genauso wenig verbessern wie vom Lesen dieses Beitrags.

Das Titelbild war eines meiner ersten Lightpaintings. Also nicht ganz, bei diesem Bild handelt es sich um ein Remake aus dem Jahr 2017. Das Originalbild stammt von 2012. Damit sind wir gleich bei einem der wichtigsten Punkte im Lightpainting, der Reproduzierbarkeit. Da in den meisten Fällen das geplante Lightpainting nicht auf Anhieb umgesetzt werden kann, erleichtert es die Arbeit ungemein wenn man nicht unmotiviert mit den Taschenlampen rumfuchtelt. Jeder einzelne Schritt sollte sich wiederholen lassen. Nach jedem Fehlversuch wird der Teil verbessert, der schiefgegangen ist. Alle anderen Arbeitsschritte werden einfach wiederholt. Bevor man mit der Umsetzung des Bildes beginnt, sollte man einen möglichst klaren Plan haben, in welcher Reihenfolge man die verschiedenen Arbeitsschritte ausführt. Im Bild oben habe ich zuerst mein Model Erik eingeleuchtet, dann die Lichtspuren hinter ihn gemalt, mit der Taschenlampe hinter Erik in Richtung Kamera geleuchtet und als letzten Schritt die Umgebung ausgeleuchtet. Grundsätzlich ist die Reihenfolge egal. Wenn sich allerdings das Model während der Beluchtung bewegt oder ich die Lichtspuren nicht sauber male breche ich sofort ab ohne die restlichen Arbeitsschritte auszuführen. Man sollte also immer mit dem schwierigsten Teil beginnen.

AUSRÜSTUNG

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Man braucht zuallererst eine Kamera, die in der Lage ist beliebig lange Belichtungszeiten zu steuern (bulb). Als zweites muss man für einen stabilen Stand der Kamera sorgen. Ein gutes Stativ ist dafür am Besten geeignet. Ein Objektiv mit möglichst kurzer Brennweite erleichtert die Arbeit weil der Abstand zwischen Kamera und Lichtquelle gering ist. Damit man im Modus „bulb“ nicht mehrere Minuten den Finger auf dem Auslöser haben muss ist ein arreitierbarer Fernauslöser sinnvoll. Aktuell verwende ich eine Nikon D750, das Laowa 12/2,8 oder das Nikkor 17-35/2,8 sowie ein Benro TMA48CXL mit einem Getriebeneiger für meine Bilder. Aber auch ohne teures Gerät aus dem Profibereich lassen sich beeindruckende Lightpaintings aufnehmen.

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Um das Objektiv während der Belichtung schnell und sicher abdecken zu können verwende ich eine dicke Wollmütze. Ich decke das Objektiv ab um keine ungewollten Lichtspuren auzunehmen. Manche Lichtquellen (Feuer, Feuerwerk, Knicklichter usw.) lassen sich gar nicht ausschalten. Andere Lichtquellen sind nicht leicht erreichbar, weil sie an einem langen Stab montiert sind. Darüber hinaus dient es der eigenen Sicherheit wenn man mit eingeschalteter Stirnlampe durch den abgerockten Lost Place läuft.

LIGHT PAINTING TOOLS

Und dann braucht man natürlich noch eine oder mehrere Lichtquellen. Grundsätzlich kann man mit allem was leuchtet Lichtspuren ins Bild malen. Es spricht absolut nichts dagegen, alles was sich im Haushalt finden lässt, für die ersten eigenen Versuche zu testen bevor man Geld für Taschenlampen und Lightpainting Tools zum Onlinehändler transferiert. LED Spielzeuge, Fahrradlampen, Taschenlampen, Wunderkerzen, Knicklichter oder andere Dinger können durchaus für die ersten Versuche genügen.

In den Bildern sind einige sehr preiswerte Lightpainting Tools zu sehen. Die meisten habe ich zweckentfremdet (Filmdosen, ein Salzstreuer aus Acryl, farbige Reagenzgläser aus Kunststoff, ein Seifenblasenbehälter und einen Diffusor für die Convoy S2+).

Mit Blades aus Acryl lassen sich sehr schöne Lichtspuren ins Bild malen. In einigen Bildern seht ihr Blades, die ich selbst ausgeschnitten habe. In den anderen Bildern seht ihr Blades aus dem Onlineshop von Lightpainting Paradise. Um Taschenlampe und Lightpainting Tool miteinander zu verbinden sind spezielle Adapter am besten geeignet. Aber zur Not geht das natürlich auch mit Gaffa Tape.

Ich verwende gerne verschiedene Glasfaser Tools in meinen Lightpaintings, vor Allem für Portraits.

Um Farbe ins Bild zu bringen verwende ich Farbfilter aus Acryl, Farbfilterfolie, Taschenlampen mit farbigen LEDs oder RGB Lampen.

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Zur Ausleuchtung größerer Bereiche benutze ich leistungsstarke Taschenlampen wie die Fenix LR35R (dritte von links) oder die Emisar D18 (vierte von links). Beide Taschenlampen haben einen Lichtstrom von 10000 Lumen.lightpainting, light painting, light art photography, tools, tutorial, scanner

Um Personen einzuleuchten benutze ich eine schmale Lichtquelle und fahre mit dieser die Person von oben nach unten ab, wie bei einem Scanner. Die beiden Exemplare habe ich selbst gebaut. Die Gehäuse stammen aus dem 3D Drucker. Aber auch mit einer schmalen Arbeitslampe funktioniert diese Technik. Dazu bringt man einfach Streifen aus schwarzer Pappe oder schwarzem Kunststoff an der Lampe an.

Für den Anfang ist es nicht nötig 10000 Lumen Taschenlampen, teure Lightpainting Tools oder teure Speziallampen wie die AOAM RGB Critter zu kaufen. Erst wenn man mit dem vorhandenen Material an unüberwindbare Grenzen stößt, sollte man über den Kauf neuer Taschenlampen und Tools nachdenken. Darüber hinaus ist meiner Meinung nach ein wichtiger Aspekt im Lightpainting, dass man Tools, soweit möglich, selbst baut. Auch das ist ein Teil der kreativen Arbeit mit bewegtem Licht.

EINSTELLUNGEN

Einfluss auf die Helligkeit der Lichtspur haben folgende Dinge: ISO, Blende, Helligkeit der Lichtquelle, Entfernung der Lichtquelle zur Kamera und die Bewegungsgeschwindigkeit der Lichtquelle. Grundsätzlich sollte man den kleinsten (nativen) ISO Wert an der Kamera einstellen um das Bildrauschen möglichst gering zu halten. Die Blende wählt man dann zuerst einmal unter gestalterischen Aspekten (Schärfentiefe). Gewöhnlicherweise arbeite ich mit Blenden im Bereich von 5,6 bis 11. Davon ausgehend teste ich die Helligkeit des Tools im Bild mit der gewählten Taschenlampe. Am komfortabelsten ist es, wenn die verwendete Taschenlampe möglichst viele Helligkeitsstufen hat. Es ist meist die beste Wahl, die Helligkeit der Lichtquelle zu verändern und erst wenn man damit an die Grenze kommt, die Einstellungen an der Kamera zu verändern.

Die Belichtungszeit richtet sich in den meisten Fällen nach der Länge der Performance. Ich starte die Belichtung male die Lichtspuren ins Bild und beende dann die Belichtung. Normalerweise wähle ich keine Belichtungszeit vor.

VORGEHENSWEISE

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Gerade in der Anfangszeit sollte man nicht alleine in die Nacht ziehen. Ein Helfer, welcher das Objektiv während der Belichtung abdeckt, ist extrem hilfreich. Außerdem macht Lightpainting alleine kaum Spaß. Es empfiehlt sich zuerst das Objektiv abzudecken und dann die Belichtung zu starten. Der Lightpainter gibt dann an den Helfer das Kommando das Objektiv aufzudecken wenn er mit dem Malen der Lichtspuren beginnt. Im richtigen Moment wird dann das Objektiv wieder abgedeckt und dann der nächste Arbeitsschritt ausgeführt. Im Bild oben habe ich zuerst den Orb gedreht, dann die gelben Lichtspuren mit EL-Wire ins Bild gemalt, kurz die rote Taschenlampe auf dem Tisch eingeschaltet und zum Schluss den Raum mit grünem Licht ausgeleuchtet. Die Belichtungszeit betrug 335 Sekunden. Für erste eigene Versuche sollte man mit wenigen Arbeitsschritten beginnen. Allerdings sollte man auf Testaufnahmen verzichten und immer ein aussagekräftiges Bild mit überlegtem Bildaufbau planen.

Für den Anfang sollte man sich auf möglichst wenige Tools und Taschenlampen beschränken. Erst wenn man mit diesen sicher arbeiten kann sollte man über neue Tools nachdenken. Es erleichtert die Arbeit am Anfang ungemein, wenn die Location komplett dunkel ist und man selbst das gesamte Licht, welches die Kamera aufnimmt, selbst steuern kann. Helles Umgebungslicht durch den Mond, Straßenlaternen oder andere nicht beeinflussbare Lichtquellen am Aufnahmeort, erschweren die Arbeit.

Ohh… schon sehr lang der Beitrag. Ich wollte eigentlich noch etwas über die Ausleuchtung der Landschaft oder des großen Lost Place schreiben. Ich denke, es ist besser, das in einem weiteren Beitrag unterzubringen. So viel will sicher kaum jemand lesen.

Ich wünsche Dir bis dahin viel Spaß und viel Erfolg bei den ersten eigenen Versuchen und allzeit gutes Licht.

Sven

Sven Gerard

Sven Gerard, Jahrgang 1969, geboren und aufgewachsen in Berlin. Er fotografiert seit frühester Jugend mit großer Leidenschaft. Neben dem fotografischen Erkunden zahlreicher beeindruckender verlassener Orte, widmet er sich seit mittlerweile 10 Jahren intensiv dem Lightpainting. Sein umfangreiches Wissen teilt er auf seinem Blog „Lichtkunstfoto.de“, weiteren Publikationen und in seinen Workshops. Darüber hinaus organisiert er Veranstaltungen zum Thema Lightpainting, wie „Light Up Berlin“. Gerard lebt gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in Berlin und hat einen erwachsenen Sohn. Sven Gerard was born in 1969 and grew up in Berlin. He has been a passionate photographer since his early youth. In addition to photographically exploring numerous impressive abandoned places, he has been intensively involved in light painting for 10 years now. He shares his extensive knowledge on his blog ‘Lichtkunstfoto.de’, other publications and in his workshops. He also organises events on the subject of light painting, such as ‘Light Up Berlin’. Gerard lives in Berlin with his partner and has a grown-up son.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Hans Roufflair

    Schön zu lesen dass die Schwierigkeiten zu Beginn einer Lightpaintingkarriere ebenso reproduzierbar sind wie die Lightpaintings sein sollten. 🙂 Gut beschrieben und wenn ich nicht schon von dem Virus befallen wäre würde mich dieser Bericht zumindest neugierig machen. Toll überarbeitet und mit, zum Teil auch aktuellen Bildern versehen. Klasse

    1. Sven Gerard

      Ja, so ist der Plan, möglichst viele Leute mit unserer besonderen Kunstform infizieren. 😁

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